Verlust mit Futures auf Öl
Gleich mehrere Kunden beklagten sich beim Ombudsman nach dem 20. April 2020 über Verluste mit Öl Futures, welche massgebend durch den negativen Ölpreis verursacht wurden. Bei einem Future handelt es sich um ein standardisiertes, börsengehandeltes Termingeschäft. Der Anleger verpflichtet sich dabei, an einem bestimmten Datum eine bestimmte Menge eines Basiswertes, vorliegend Öl, zu einem bestimmten Preis zu erwerben. Liegt der tatsächliche Preis des Basiswerts an diesem Datum darüber, macht der Anleger einen Gewinn. Liegt er darunter, macht er einen Verlust, welcher in aller Regel maximal den Erwerbspreis des Futures betragen kann. Dies wurde von der Bank dem Kunden in ihren Risikoaufklärungsbestimmungen so vermittelt. Da der Preis des von ihm erworbenen Futures nahe bei 0 war, erschien dem Kunden ein Gewinn praktisch sicher. Diesem stand in seinen Augen nur ein geringes Verlustrisiko gegenüber.
Am 20. April 2020 war jedoch alles anders. Der Ölpreis notierte zum ersten Mal in der Geschichte negativ. Das Ereignis wurde in der Presse breit diskutiert. Gemäss der Schilderung des Kunden konnte die Handelsplattform der Bank keinen negativen Preis abbilden. Es war ihm nicht möglich, die erworbenen Futures umgehend wieder zu verkaufen, da er keinen entsprechenden Auftrag eingeben konnte. Die Leitungen der Bank waren ständig besetzt. Er konnte keinen Mitarbeiter der Bank erreichen, um die gewünschten Verkaufsorders telefonisch zu platzieren. Als er endlich mit einem Mitarbeiter verbunden wurde, waren die von ihm erworbenen Futures bereits ausgelaufen und wurden bar abgegolten. Dies geschah zu einem Preis weit unter 0. Da der Kunde über kein entsprechendes Guthaben bei der Bank verfügte, sah er sich mit einer Forderung über rund 100 000 CHF konfrontiert, welche er umgehend hätte begleichen sollen. Gemäss seinen Aussagen beglich er einen Teil davon mit seinem verfügbaren Sparguthaben. Die Bank habe ihm versprochen, als Gegenleistung zumindest auf die Sollzinsen zu verzichten.
Tags darauf, nach einer schlaflosen Nacht, entschied sich der Kunde, die Forderung der Bank grundsätzlich zu bestreiten. Die Risikoaufklärung war seiner Ansicht nach falsch, da er weit mehr als nur den Kaufpreis der Futures verloren hatte. Zudem sei er nach dem Kauf blockiert gewesen. Er habe nichts tun können, um den drohenden Schaden zu vermindern. Die Handelsplattform sei blockiert gewesen. Sie habe die Börsenpreise der Futures nicht mehr richtig dargestellt und keine Verkaufsaufträge mehr akzeptiert. Da kein verantwortlicher Mitarbeiter habe erreicht werden können, sei es ihm auch nicht möglich gewesen, den Verkaufsauftrag anders zu platzieren. Er war zudem der Meinung, die Bank hätte seine Positionen automatisch verkaufen müssen, da er nicht über die notwendige Deckung für Preise unter 0 verfügte. Zudem konnte er der Presse entnehmen, dass ein ausländisches Konkurrenzinstitut der Bank auf die Geltendmachung von Forderungen aus Futures verzichtete, welche wegen dem negativen Ölpreis entstanden sind. Er verfasste eine schriftliche Reklamation an die Geschäftsleitung der Bank. Diese blieb mehrere Monate unbeantwortet. Die Bank lehnte ein Entgegenkommen schliesslich ab.
Die Bank behauptete, sie sei trotz der falschen Risikoaufklärung nicht für den Verlust des Kunden verantwortlich. Es sei nicht möglich, die Risiken eines solchen Handelsgeschäfts vollständig abzubilden. Es habe sich bei der Preisentwicklung des Öls an diesem Tag um ein historisch noch nie dagewesenes Ereignis gehandelt, für welches gestützt auf die einschlägigen Vertragsbestimmungen die Kunden haften würden. Die Handelsplattform habe an diesem Tag einwandfrei funktioniert. Sie sei zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet, bei fehlender Deckung einen Zwangsverkauf vorzunehmen. Zu den behaupteten Zugeständnissen an den Kunden in Bezug auf die Sollzinsen äusserte sie sich nicht. Der Kunde legte den Fall darauf dem Ombudsman vor.
Gegenüber dem Ombudsman blieb die Bank bei ihrer Haltung und lehnte ein Entgegenkommen kategorisch ab. Sie bestritt, dem Kunden Zugeständnisse gemacht zu haben, und behauptete weiterhin, die Handelsplattform habe am fraglichen Tag einwandfrei funktioniert. Sie sei allerdings nicht in der Lage gewesen, negative Preise abzubilden. Die Bank hafte jedoch für fehlende oder fehlerhafte Preisangaben nicht. Sie legte dar, der Kunde hätte einen Verkaufsauftrag ohne Weiteres auch telefonisch platzieren oder gegebenenfalls vorgängig sogenannte Stop-Loss-Aufträge erteilen können.
Die Bank reagierte in vergleichbaren Fällen, welche dem Ombudsman vorgelegt wurden, gleich. Im Rahmen des Ombudsverfahrens können keine verbindlichen Entscheidungen gefällt werden. Die Frage, ob die vertraglich vorgesehene umfassende Risikoüberwälzung auf die Kunden vorliegend tatsächlich Bestand haben wird, musste er einer allfälligen gerichtlichen Beurteilung überlassen. Unterschiedlich dargestellte Sachverhalte können im Ombudsverfahren zudem nicht mittels Beweisverfahren verbindlich geklärt werden. Der Ombudsman musste davon ausgehen, dass die Bank in diesen Fällen aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zu einem Entgegenkommen bereit war, und den Fall daher ergebnislos abschliessen. Der Kunde entschloss sich, die Forderung der Bank nicht zu begleichen. Diese war dadurch gezwungen, ein Inkassoverfahren einzuleiten. Der Kunde erklärte, er werde sich im Inkassoverfahren zur Wehr setzen und seine Argumente in den notwendigen Gerichtsverfahren geltend machen.