Marktpreis bei einer zwangsweisen Schliessung von Devisenpositionen
Der Emittent eines Barrier Reverse Convertible auf Aktien verspricht den Anlegern in der Regel, während der Laufzeit eines solchen strukturierten Produkts eine periodische Prämie, einen sogenannten Coupon zu bezahlen. Wenn keine der Aktien, auf die das Produkt basiert, während der Laufzeit eine festgelegte Untergrenze, welche Barriere genannt wird, unterschreitet, wird den Anlegern zudem der Kapitalbetrag zurückbezahlt. Berührt eine Aktie jedoch diese Barriere, wird den Anlegern anstatt der Kapitalrückzahlung eine festgelegte Anzahl der unterliegenden Aktien mit dem schlechtesten Kursverlauf zugewiesen.
Gemäss der Erfahrung des Ombudsman verwechseln Anleger dabei den Coupon häufig mit einer Zinszahlung und lassen sich im heutigen Zinsumfeld durch die regelmässig hohen Coupons zu Investitionen in Barrier Reverse Convertibles verleiten. Tatsächlich tragen sie ein Aktienrisiko, welches zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen kann, wenn eine der Aktien, auf welche das strukturierte Produkt ausgestellt wurde, wertlos wird. Die Anleger werden für dieses Risiko mit dem Coupon entschädigt, welcher eher eine Risikoprämie als eine Zinszahlung darstellt. Die Wirecard-Aktie war für Emittenten von Barrier Reverse Convertibles beliebt. So waren mehrere solche Produkte auf der Grundlage dieser Aktie auf dem Markt. Deren Volatilität erlaubte es den Emittenten, einen hohen Coupon zu offerieren. Dieser betrug im vorliegenden Fall fast 20 %.
Der Kunde profitierte im vorliegenden Fall vom hohen Coupon, musste jedoch einen Totalverlust des eingesetzten Kapitals hinnehmen, da die Wirecard-Aktien während der Laufzeit nicht nur die Barriere berührten, sondern gar komplett wertlos wurden und ihm anstatt der Kapitalrückzahlung nach Ablauf des Produkts die Aktien mit der schlechtesten Kursentwicklung zugeteilt wurden. Er machte darauf dem Emittenten schwere Vorwürfe und bezeichnete diesen als Komplizen im sogenannten Wirecard-Betrugsfall. Er wollte das Geschäft auf der Basis eines Grundlagenirrtums rückgängig machen oder verlangte alternativ Schadenersatz wegen mangelnder Risikoaufklärung oder aber wegen «culpa in contrahendo». Schliesslich verwies er auf die Prospekthaftung nach dem neuen Finanzdienstleistungsgesetz FIDLEG.
Unbestritten war die Tatsache, dass der Emittent die Betrugsvorwürfe gegenüber Wirecard kannte, welche Journalisten der Financial Times als erste erhoben hatten und welche lange Zeit im Markt als nicht besorgniserregend wahrgenommen wurden. Damit befand er sich in prominenter Gesellschaft anderer Emittenten, des Revisors von Wirecard, der Börse, der Aufsichtsbehörden und weiterer Verantwortungsträger. Der Ombudsman erwartet, dass die Aufarbeitung des Betrugsskandals um Wirecard noch lange dauern und dabei noch einiges zum Vorschein kommen wird.
Der Emittent vertrat die Ansicht, diese Vorwürfe seien öffentlich bekannt gewesen. Eine Berufung auf Grundlagenirrtum sei bereits deshalb nicht möglich, weil es sich beim Barrier Reverse Convertible klar um ein spekulatives Produkt gehandelt habe. Zudem vertreibe er seine Produkte nicht an Private und sei weder für die Beratung, noch für die Risikoaufklärung verantwortlich. Dies habe gemäss seiner Ansicht der Bank oblegen, bei welcher der Kunde das Produkt erworben habe. Ein Rechtsanspruch aus «culpa in contrahendo», einer vorvertraglichen Haftung, welche an besondere Voraussetzungen geknüpft sei, komme nicht in Frage, da der Kunde mit dem Emittenten keine Vertragsverhandlungen geführt habe.
Der Ombudsman musste sich in diesem Fall ausnahmsweise etwas von den spezifischen Argumenten der Parteien lösen, welche seiner Ansicht nach auf beiden Seiten an den Kernfragen vorbeigingen. Gemäss dem Verständnis des Ombudsman war der Emittent seinen zweifelsohne bestehenden Risikoaufklärungs- und Informationspflichten vorliegend mit einem vereinfachten Prospekt nachgekommen. Die Bestimmungen des FIDLEG über die Prospektpflicht waren noch nicht in Kraft und fanden darauf keine Anwendung. Im Prospekt zum vorliegenden Produkt wurde nach Ansicht des Ombudsman angemessen über die wesentlichen Risiken informiert. Dazu gehörte, dass der Investor damit rechnen und akzeptieren musste, dass er anstatt der Rückzahlung seines Kapitals gegebenenfalls die Aktie mit der schlechtesten Kursentwicklung zugeteilt erhielt. Daneben musste der Emittent die unterliegenden Aktien beschreiben und die zu deren Identifizierung notwendigen Daten sowie die relevante Börse angeben. Weitere Verpflichtungen des Emittenten in Bezug auf die zugrundeliegenden Aktien waren dem Ombudsman nicht bekannt. Es findet in einem solchen Prospekt regelmässig keine Analyse der Aktien statt. Es ist nach Ansicht des Ombudsman dem Investor resp. gegebenenfalls seinem Anlageberater oder Vermögensverwalter überlassen, sich anhand der öffentlich verfügbaren Informationen ein Bild über die zugrundeliegenden Aktien zu machen. Da der Kunde vorliegend unbestrittenermassen keine Anlageberatungs- oder Vermögensverwaltungsdienstleistungen von seiner Bank bezogen hatte, hätte dies ihm selber oblegen.
Der Ombudsman konnte schliesslich nachvollziehen, dass der Emittent die vom Kunden in Bezug auf den Wirecard-Betrug nachträglich herangezogenen Informationen als öffentlich bekannt voraussetzte. Hinweise, dass der Emittent diese aufgrund nicht öffentlich bekannter Informationen anders hätte gewichten sollen, als dies die Marktteilnehmer oder die erwähnten Verantwortungsträger getan hatten, lagen keine vor. Der Ombudsman sah weder die Voraussetzungen für einen Grundlagenirrtum noch für eine vorvertragliche Haftung als gegeben. Obschon er die Enttäuschung des Kunden über den Verlust nachvollziehen konnte, musste er ihm in einem abschliessenden Bescheid mitteilen, dass er weitere Vermittlungsbemühungen als aussichtslos erachte.