Unbillige Erhöhung des Zinssatzes
Bei der Beurteilung dieses Falles bleibt vorerst zu beachten, dass es dem Ombudsman gemäss Reglement verwehrt ist, sich in die Kreditpolitik und die Zinsgestaltung der Banken einzumischen. Dies macht Sinn, kommt dem Ombudsman doch keine richterliche, sondern eine vermittelnde Funktion zu. Zudem wird die Zinshöhe im Einzelfall durch verschiedene Teilaspekte bestimmt, deren Würdigung je nach Standpunkt unterschiedlich sein kann. Da es somit in diesen Fragen keine objektive Wahrheit gibt, kann und soll sich der Ombudsman auch nicht einmischen. Zum Zweiten ist unser Rechtssystem vom Gedanken der Vertragsfreiheit bestimmt, was nichts anderes besagt, als dass niemand verpflichtet ist, einen Vertrag einzugehen, wenn ihm die Bedingungen nicht zusagen. Wurde jedoch einem konkreten Vertrag zugestimmt, hält sich auch der Ombudsman an den schon bei den alten Römern geltenden Rechtsgrundsatz «pacta sunt servanda», d. h. auch er ist der Meinung, dass Verträge einzuhalten sind. Etwas anderes muss allerdings gelten, wenn durch das konkrete Vorgehen der Bank der Eindruck entsteht, diese nutze die ihr zustehenden Rechte zum Nachteil des Kunden aus. Ein solches Vorgehen ist unbillig und wird vom Ombudsman hinterfragt.
Eine Erhöhung des Zinssatzes um mehr als 100 % gehört sicherlich in diese Kategorie, weshalb sich der Ombudsman auch des Falles annahm und die Bank um eine Stellungnahme bat. Dies umso mehr, als ihm die Schilderung des Kunden den Eindruck vermittelte, dass diesem aufgrund der komplexen Situation (mehrere Hypotheken mit verschiedenen Laufzeiten) keine eigentliche Wahlmöglichkeit blieb, sondern ihm nur noch eine von zwei unvorteilhaften Varianten offen stand: Er konnte entweder sofort eine neue Bank suchen, welche ihm günstigere Konditionen offerieren würde. Da aufgrund verschiedener Umstände nur eine Ablösung der Gesamtposition in Frage kam, hätte dies dazu geführt, dass auf dem Festzinsteil eine Vorfälligkeitsentschädigung hätte geleistet werden müssen. Die zweite Variante bestand darin, einen Bankwechsel per Ende April 2008 (Auslaufen der Festzinshypothek) anzustreben und bis dahin auf dem variablen Teil den verlangten Zins von 9,5 % zu bezahlen.
Allerdings ergab sich nach der Antwort der Bank ein verändertes Bild: Diese konnte überzeugend darlegen, dass sie sich seit langem bemühte, die Geschäftsbeziehung mit dem Kunden in geordnete Bahnen zu lenken. Sie hatte immer wieder Vorschläge unterbreitet, welche der Kunde zwar akzeptierte, an die er sich aber in der Folge nicht hielt. Auch war er seiner Zinszahlungspflicht auf den Hypotheken seit längerem nur noch schleppend nachgekommen und war mit der Rückzahlung eines anderen Darlehens in Verzug. Zudem war er von dritter Seite bereits betrieben worden, und aufgrund der Ausführungen der Bank erschien es als durchaus nachvollziehbar, dass der Kunde seine finanziellen Schwierigkeiten verniedlichte. Es konnte somit der Bank nicht vorgeworfen werden, sie versuche in unbilliger Weise, sich einen Vorteil zu verschaffen, hatten sich für sie doch seit der Unterzeichnung des Vertrages sowohl die Risiken wie auch der mit der Kreditführung zusammenhängende Aufwand tatsächlich massiv erhöht.
Natürlich kann man sich fragen, ob es zur Abdeckung dieser Kosten eines mehr als doppelt so hohen Zinses bedurft hätte. Da aber der Ombudsman den Eindruck erhielt, dass sich der Kunde im bisherigen Verlauf der Beziehung nicht fair verhalten und deshalb viel dazu beigetragen hatte, dass die Beziehung zwischen Kunde und Bank nachhaltig gestört war, hielt er weitere Diskussionen über den korrekten Zinssatz nicht für zielführend. Einerseits war aufgrund der finanziellen Probleme des Kunden damit zu rechnen, dass ihm auch die Begleichung einer reduzierten Zinsforderung Probleme bereitet hätte, was wohl unweigerlich die Kündigung aller Kredite zur Folge gehabt und damit den Druck auf den Kunden noch mehr erhöht hätte. Ferner erschien es dem Ombudsman auch als wesentlich, dass die Bank dem Kunden für den Fall einer Ablösung der Gesamtposition ein Entgegenkommen signalisierte, so dass es mehr Sinn machte, die Ursache der finanziellen Probleme des Kunden anzugehen und sich gleichzeitig intensiv um den Aufbau einer Beziehung zu einer anderen Bank zu kümmern.