Unautorisierte Transaktionen mit einer Prepaid-Karte
Offenbar war der Kunde an einen manipulierten Geldautomaten geraten. Die Täter gelangten wahrscheinlich mit Hilfe desselben in den Besitz der Originalkarte des Kunden und des zugehörigen PIN-Codes. Dies erlaubte ihnen, mit der Prepaid-Karte bis zu deren Sperrung Transaktionen im Gegenwert von rund 2000 CHF zu tätigen. Als der Kunde realisierte, dass der Geldbezug nicht klappte und der Automat seine Karte eingezogen hatte, verblieb er beim Automaten und telefonierte der Kartenherausgeberin auf der von ihr angegebenen Nummer für die Kartensperrung. Er konnte die Kartenherausgeberin nicht erreichen, da diese Nummer von 22 Uhr abends bis 8 Uhr morgens Schweizerzeit nicht bedient wird. Er begab sich dann in sein Zimmer und informierte die Bank per E-Mail über den Vorfall. Später kontrollierte er sein Kartenkonto online und realisierte, dass unberechtigte Geldbezüge stattgefunden hatten.
Er schrieb der Kartenherausgeberin noch mehrere E-Mails. Diese reagierte erstmals einige Tage später und erkundigte sich per E-Mail nach einer Adresse für die Zustellung einer Ersatzkarte. Rund 20 Tage nach dem Vorfall informierte sie den Kunden per E-Mail, dass sie eine Ersatzpflicht für die unbrechtigt erfolgten Bezüge ablehne. Sie argumentierte, eine Ersatzpflicht bestehe nur dann, wenn ein Kunde sämtliche Sorgfaltspflichten im Umgang mit der Karte eingehalten habe. Die umstrittenen Bezüge seien mit der Originalkarte und mit dem korrekten PIN-Code erfolgt. Der PIN-Code sei bereits bei der ersten Eingabe korrekt gewesen. Indem der Kunde die Karte und den PIN-Code unbekannten Dritten gegenüber bekanntgegeben habe, habe er die ihm oblegenen vertraglichen Sorgfaltspflichten, welche in den Kartenbedingungen festgehalten seien, verletzt. Es sei ihm überlassen, gegen den Betreiber des Geldautomaten vorzugehen, falls er den Verdacht auf eine strafbare Handlung habe. Nachdem die Kartenherausgeberin diesen Standpunkt nach einer weiteren Reklamation des Kunden noch brieflich festhielt, unterbreitete dieser den Fall dem Ombudsman.
Der Ombudsman kontaktierte die Kartenherausgeberin und bat sie, ihre Haltung in Bezug auf die Sorgfaltspflichtverletzung zu überdenken. Die Einführung der Karte und die Eingabe des PIN-Codes sind für den Geldbezug an einem Automaten unabdingbar. Dass ein Geldautomat manipuliert ist und sich Kriminelle dadurch Zugang zu seiner Karte und dem dazugehörigen PIN-Code verschaffen, ist für einen Kunden wohl in der Regel nicht erkennbar. Nach Ansicht des Ombudsman darf ein Kunde zudem erwarten, dass eine Hotline für die Sperrung einer solchen Karte durchgehend bedient wird.
Die Kartenherausgeberin hielt an ihrem Standpunkt fest, dass der Kunde seine Sorgfaltspflichten verletzt habe, da er die Karte und den PIN-Code unbekannten Dritten zugänglich gemacht habe. Zudem habe er es unterlassen, Anzeige bei der Polizei zu erstatten, was ebenfalls zu seinen Sorgfaltspflichten gehört hätte. Da die Transaktionen mit der Originalkarte und dem zugehörigen PIN-Code durchgeführt wurden, seien diese im System des Kreditkartennetzwerks nicht als Betrug qualifiziert und entsprächen nach Ansicht der Kreditkartenherausgeberin auch nicht einem bekannten Betrugsmuster. Sie sei gegenüber dem Kunden deshalb unter keinem Rechtstitel rückerstattungspflichtig. Weiter hielt sie fest, dass sie nicht überprüfen könne, ob der Geldausgabeautomat in irgendeiner Form manipuliert worden sei. Es stehe dem Kunden jedoch frei, gegenüber dem Betreiber des Automaten eine Anzeige bei der Polizei zu machen.
Die Kreditkartenherausgeberin bestätigte schliesslich, dass ihre Hotline Aufträge für Kartensperrungen lediglich von 8 bis 22 Uhr entgegennehmen würde. Ausserhalb dieser Zeiten könne ein Kunde die Karte über ihre App sperren. Der Sperrauftrag des Kunden sei um 23.51 Uhr per E-Mail eingetroffen. Zu diesem Zeitpunkt hätten die beanstandeten Bezüge bereits nicht mehr verhindert werden können. Sie liess offen, wann diese Bezüge genau erfolgt sind und ob ein Sperrauftrag per App nach 22 Uhr noch bearbeitet worden wäre. Ebenfalls offen blieb, ob der per E-Mail erfolgte Sperrauftrag des Kunden sofort nach Eintreffen bearbeitet wurde.
Danach erfolgten zwischen dem Ombudsman und der Kreditkartenherausgeberin noch zwei weitere Briefwechsel, da ihm ihre Stellungnahme weitgehend nicht nachvollziehbar erschien. Gemäss seinem Verständnis wäre es Aufgabe der Kartenherausgeberin gewesen, innerhalb des Kartennetzwerks dem Vorwurf des Kunden nachzugehen, der Geldausgabeautomat sei manipuliert gewesen. Zudem schien ihm die unzureichende Erreichbarkeit der Kartenherausgeberin wesentlich dazu beigetragen zu haben, dass die Karte hatte missbraucht werden können. Bei der Karte handelte es sich um ein typisches Reisezahlungsmittel, welches weltweit in unterschiedlichen Zeitzonen eingesetzt wird. Zum Zeitpunkt seiner Versuche, die Kartenherausgeberin telefonisch zu erreichen, rechnete der Kunde einzig mit einer Fehlfunktion des Geldautomaten und war sich nicht bewusst, Opfer eines Delikts geworden zu sein. Das Land, in dem sich der Kunde befand, ist mehr für eine hohe Korruption als für das gute Funktionieren seiner Behörden bekannt. Eine Anzeige bei der Polizei hätte wohl höchstens verhindern können, dass weitere Personen Opfer der Manipulation geworden wären, wenn ihr überhaupt Folge geleistet worden wäre. Für die Verhinderung des konkreten Kartenmissbrauchs wäre es aber mit grösster Wahrscheinlichkeit zu spät gewesen. Der Ombudsman war zusammengefasst der Meinung, dass keine Sorgfaltspflichtverletzung des Kunden vorlag und die Kartenherausgeberin deshalb für den Schaden aufkommen müsse.
Die Kartenherausgeberin hielt auch in ihrem letzten Schreiben an ihrem Standpunkt fest, schrieb jedoch dem Kunden aufgrund der guten Geschäftsbeziehung den Betrag der unrechtmässigen Bezüge schliesslich vollumfänglich wieder gut.