Unautorisierte Käufe von Fonds im Rahmen eines Anlageberatungsmandats
Der erste der bestrittenen Wertschriftenkäufe fand im Frühling 2021 im Negativzinsumfeld statt. Aus den Telefonprotokollen war ersichtlich, dass der Kundin aufgrund der Konditionen der Bank Negativzinsen hätten belastet werden sollen. Die Kundin wollte solche Belastungen vermeiden und diskutierte mit der Kundenberaterin entsprechende Möglichkeiten. Dabei wurde eine Investition in eine liquide und risikoarme Anlage erörtert und schliesslich der Fonds vorgeschlagen, welcher danach für die Kundin erworben wurde. Nach Darstellung der Bank sei dies ausdrücklich als Zwischenlösung gedacht gewesen, d.h. als eine Alternative für das Kontoguthaben zwecks Vermeidung von Negativzinsen. Mit den eigentlichen Investitionen gestützt auf den abgeschlossenen Anlageberatungsvertrag habe die Kundin noch zuwarten wollen, bis sie weiteres Geld überweist. Ein konkreter Kaufauftrag der Kundin war nicht dokumentiert. Über den Kauf des zweiten Fonds Ende 2021 lag überhaupt keine Dokumentation vor.
Die Kundin erachtete es als rechtsmissbräuchlich, dass sich die Bank unter diesen Umständen auf die in ihren AGB enthaltene Genehmigungsfiktion berief, wonach Transaktionen als genehmigt gelten, wenn dagegen nicht innert 30 Tagen nach Zustellung der Belege Einspruch erhoben wird. Sie habe unter den gegebenen Bedingungen keinen Anlass und auch keine Pflicht gehabt, ihr Konto/Depot zu überwachen. Nach Ansicht der Kundin ging aus dem Telefonprotokoll eindeutig hervor, dass mit der Investition hätte zugewartet werden sollen, bis sie weiteres Geld überweist. Eine solche Überweisung fand schliesslich nicht statt, und die Bankbeziehung wurde beendet.
Darüber hinaus brachte die Kundin vor, es habe in Bezug auf die Investitionen keinerlei Risikoaufklärung und -information gegeben, wie es nach den aufgrund ihres Wohnsitzes auf die Kundenbeziehung anwendbaren Regeln von MiFID II erforderlich gewesen wäre. Zudem seien im Frühling 2021 95% ihres damaligen Guthabens in einen einzigen Fonds investiert worden, was ein Klumpenrisiko dargestellt habe. Schliesslich habe die Risikokategorie der umstrittenen Fonds nicht ihrem Kundenprofil entsprochen.
In ihrer Stellungnahme gegenüber dem Ombudsman wiederholte die Bank ihren Standpunkt, dass der Erwerb der Fonds gestützt auf die entsprechenden Bestimmungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen als genehmigt gelten würde. Aufgrund des Telefonprotokolls liesse sich zudem darauf schliessen, dass die Kundin den Erwerb des ersten Fonds im Frühling 2021 als Alternative zum Kontoguthaben zwecks Vermeidung von Negativzinsen auch tatsächlich erteilt hatte. Die Kundin habe gemäss ihrem Kundenprofil bestätigt, sie verfüge über Wissen und Erfahrung in Bezug auf traditionelle Anlagefonds. Im Anlageberatungsvertrag sei eine «Defense» Strategie festgelegt worden. Beim umstrittenen Fonds handle es sich um einen traditionellen Anlagefonds in der Risikokategorie 3 von 7. Er habe eine geringe Volatilität und sei in sich diversifiziert. Der Kauf sei deshalb in Übereinstimmung mit dem Risikoprofil der Kundin erfolgt. Die Bank unterliege der Schweizer Gesetzgebung und für die Kundenbeziehung sei schweizerisches Recht vereinbart worden. MiFID II sei somit nicht anwendbar.
Laut der Bank lagen für den Kauf der Anteile des zweiten Fonds Ende 2021 keinerlei Gesprächsnotizen vor. Der Kauf sei jedoch abgesprochen gewesen. Die Kunden hätten die Pflicht, die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um ihr Konto/Depot zu überwachen und die Bank bei Fehlern und Irregularitäten zu kontaktieren.
Nach Erhalt der Stellungnahme diskutierte der Ombudsman den Fall mit der Bank. Er zeigte sich dabei etwas erstaunt, dass Wertschriftenkäufe im vorliegenden Umfang nicht besser dokumentiert waren. Dies selbst unter der Annahme, dass die Regeln von MiFID II keine Anwendung fanden und das schweizerische Finanzdienstleistungsgesetz noch nicht in Kraft war. Der Ombudsman gab der Bank zu bedenken, dass gemäss der Rechtsprechung eine Berufung auf die Genehmigungsfiktion unter bestimmten Umständen rechtsmissbräuchlich sein kann. In Bezug auf den Kauf im Frühling 2021 erschien ihm die Interpretation des fraglichen Telefonprotokolls durch die Kundin, dass bis zur Überweisung weiterer Geldbeträge keinerlei Investitionen getätigt werden sollen als vertretbar. Er hatte in Bezug auf die erste Kauftransaktion deshalb gewisse Zweifel, dass die von der Bank angerufene Genehmigungsfiktion Geltung erlangen konnte. In Bezug auf die zweite Kauftransaktion Ende 2021 waren diese Zweifel ernsthaft.
Die Bank war schliesslich bereit, die Kundin für die Verluste aus der ersten Kauftransaktion mit 50% und für diejenigen aus der zweiten Kauftransaktion vollumfänglich zu entschädigen. Die Kundin akzeptierte den Vergleichsvorschlag.