Übertriebene Erwartungen bei der Rückerstattung von Sollzinsen
Erteilt ein Kunde einen Zahlungsauftrag, ohne auf dem von ihm angegebenen Konto über ein entsprechendes Guthaben zu verfügen, muss die Bank den Auftrag nicht ausführen, denn ohne vertragliche Abmachung ist sie nicht verpflichtet, den Kunden sein Konto überziehen zu lassen und ihm – rechtlich gesprochen – einen Kredit einzuräumen. Sie darf den Auftrag aber ausführen, und zwar im Normalfall ohne Rückfrage beim Kunden, denn mit der Erteilung des das entsprechende Kontoguthaben übersteigenden Auftrags gibt der Kunde auch zu verstehen, dass er die Bank um die Einräumung eines kurzfristigen Kredites ersucht. Die Bank wird diesem Ersuchen zumindest dann zustimmen, wenn es sich um einen «guten» Kunden handelt und er – wie im vorliegenden Fall – auf einem anderen Konto über ein grösseres Guthaben verfügt.
Mitentscheidend für die Gutheissung des «Antrages» dürfte im Regelfall auch sein, dass der Bank bewusst ist, dass einem Kunden bedeutende Nachteile erwachsen können, wenn eine Zahlung nicht fristgerecht ausgeführt wird. Zudem kann die Bank auf weitere Gründe verweisen, weshalb sich im konkreten Fall keine Rückfrage aufdrängte. Einerseits wissen Kunden in der Regel sehr genau, über welches Guthaben sie verfügen oder welche Zahlungen in nächster Zeit von dritter Seite auf dem Konto eingehen werden. Steht z. B. ein Zahlungseingang in Aussicht, ist es gut möglich, dass damit ein Sollsaldo rasch ausgeglichen wird. Sodann konnte im vorliegenden Fall deshalb kein Missverständnis oder eine Verwechslung der Kontonummer vorliegen, weil der Kunde nur über das im Zahlungsauftrag erwähnte Konto Zahlungsaufträge abwickeln konnte. Das Sparkonto durfte gemäss den massgebenden Bestimmungen nicht für den Zahlungsverkehr benützt werden. Der Kunde hatte denn auch nicht moniert, dass die Bank den Zahlungsauftrag ausführte. Er setzte dies im Gegenteil als selbstverständlich voraus. Er war jedoch der Meinung, die Bank hätte von sich aus zu vermeiden, dass auf dem Privatkonto Sollzinsen auflaufen, und zu diesem Zweck einen Teil des Sparguthabens – ohne Auftrag des Kunden – auf das Privatkonto übertragen müssen.
Dem musste der Ombudsman widersprechen. Die Bank steht mit dem Kunden in einem Vertragsverhältnis. Im Rahmen dieses Verhältnisses darf einzig und allein der Kunde oder eine von ihm ermächtigte Person Weisungen erteilen. Die Bank muss sich strikte an diese Weisungen halten. Sie darf sie nicht ohne Rücksprache mit dem Kunden abändern. Genauso wenig darf sie ohne rechtsgültigen Auftrag einen Übertrag von einem Konto auf das andere vornehmen.
Selbstverständlich hätte die Bank bereits vor der Ausführung des Zahlungsauftrags zurückfragen können, ob der Kunde tatsächlich einen Sollsaldo begründen wolle. Und selbstverständlich hätte sich die Bank, als sie feststellte, dass der Sollsaldo nicht zurückgeführt wird, vergewissern können, ob das Führen einer Kreditposition tatsächlich der Absicht des Kunden entsprach. Sie kann aber mit ebensolchem Recht darauf hinweisen, dass der Kunde über die Ausführung des Zahlungsauftrags informiert wurde und es für ihn somit erkennbar war, dass dadurch ein Sollsaldo entstand. Zudem erhielt er am Ende eines jeden Monats einen Kontoauszug. Auch daraus war jeweils ersichtlich, dass er der Bank Geld schuldete. Und schliesslich erhielt er Ende Jahr nicht nur einen Kontoauszug, sondern auch eine Zinsabrechnung, in welcher ihm nochmals und eindeutig vor Augen geführt wurde, dass er der Bank nicht nur Geld schuldete, sondern auch, dass ihm die Bank dafür Sollzinsen in nicht unerheblichem Umfang in Rechnung gestellt hatte.
Trotzdem liess er wiederum noch mehr als ein halbes Jahr verstreichen, bis er reklamierte. Aus diesen Gründen konnte der Ombudsman den Kunden bei seinen Bemühungen nicht unterstützen und musste ihn vielmehr darauf hinweisen, dass in der Bereitschaft der Bank, ihm einen Teil der Sollzinsen zu erlassen, ein Entgegenkommen zu erblicken sei.