Steuerschaden wegen eines angeblich ohne Auftrag des Kunden erworbenen strukturierten Produkts
Dem Ombudsman stellte sich im vorliegenden Fall das Problem, dass die Sachdarstellungen des Kunden und der Bank in Bezug auf die Investition komplett auseinanderlagen. Im Ombudsverfahren hielten beide Parteien hartnäckig an diesen fest und waren nicht bereit, einander entgegenzukommen. Der Ombudsman musste deshalb das Verfahren erfolglos einstellen und verfasste einen abschliessenden Bescheid, in welchem er die Standpunkte und die Argumente der Parteien würdigte.
Die Bank konnte sich auf ein unterzeichnetes Kundenprofil stützen, das den Kunden als erfahrenen Investor mit dem Anlageziel «Wachstum» auswies, der willens und in der Lage war, erhebliche Anlagerisiken einzugehen. Gemäss Darstellung der Bank waren mit dem Kunden Beratungsgespräche für massgeschneiderte strukturierte Produkte geführt worden, nachdem ihm die Zinskonditionen für die ursprünglich gewünschten Treuhandanlagen zu ungünstig waren. In Bezug auf die Beratungsgespräche konnte sie sich lediglich auf die Aussagen des Kundenberaters stützen. In der Kundengeschichte, in welcher die Kundenkontakte protokolliert wurden, fanden sich Einträge über viele, z. T. recht unbedeutende Ereignisse. Zu den behaupteten Beratungsgesprächen für die umstrittene Investition im Wert von mehreren Millionen US Dollars fand sich jedoch kein Eintrag, was den Ombudsman erstaunte. Das strukturierte Produkt wurde nach Ablauf einmal erneuert. Die Bank stellte sich auf den Standpunkt, der Kunde habe die Produktdokumentation und die Transaktionsbelege erhalten. Das Produkt sei zudem in den Depotauszügen ersichtlich gewesen. Sie bezeichnete den Standpunkt des Kunden als unglaubwürdig und vermutete, dieser habe lediglich Gründe gesucht, nach Kenntnisnahme der Steuerfolgen die für ihn unerwarteten Kosten nachträglich auf die Bank abzuwälzen.
Zugunsten des Kunden sprach, dass es keinerlei Belege für seine explizite Zustimmung zur Transaktion gab. Es fehlte ein schriftliches Einverständnis, und es gab auch keine Kontaktnotiz, aus welcher ersichtlich gewesen wäre, dass die Transaktion mit dem Kunden besprochen worden und er damit einverstanden gewesen wäre. Zudem war in einer Kontaktnotiz vermerkt, er sei strukturierten Produkten gegenüber abgeneigt. Im Weiteren wiesen die ursprünglichen Transaktionsbelege, auf welche sich die Bank stützte, nicht klar auf ein strukturiertes Produkt hin. Unter diesen Umständen hätte sich die Bank nach Ansicht des Ombudsman nicht auf eine stillschweigende Genehmigung der Transaktionen nach Zustellung der Belege berufen können. Bei der Erneuerung nach Ablauf des Produkts wurde dieses dann klar als strukturiertes Produkt bezeichnet, was vom Kunden unwidersprochen blieb. Dem Kunden hätte es oblegen, die behaupteten Fehler zeitnah nach deren Kenntnisnahme mit der nötigen Deutlichkeit zu rügen.
Unter der Annahme, die vom Kunden bestrittene Darstellung der Bank sei korrekt und dieser habe sich nach einem Beratungsgespräch zum Erwerb des strukturierten Produkts entschlossen, prüfte der Ombudsman sodann das Argument des Kunden, das Produkt hätte ihm nicht empfohlen werden dürfen, da es für ihn steuerschädlich sei. Der Kunde brachte vor, mit einer Treuhandanlage, die den gleichen Ertrag generiert hätte wie das strukturierte Produkt, hätte er rund 100 000 CHF weniger Steuern bezahlen müssen. Dies deshalb, weil das strukturierte Produkt, welches auf USD lautete, im Gegensatz zur Treuhandanlage, bei welcher lediglich die Zinserträge besteuert worden wären, der Differenzbesteuerung unterlag. Er argumentierte, dass ein Produkt mit einer solchen speziellen steuerlichen Eigenschaft ihm nicht hätte empfohlen werden dürfen, zumindest nicht ohne einen entsprechenden expliziten Hinweis auf diese.
Die Bank stellte sich auf den Standpunkt, im Anlageberatungsvertrag sei klar festgehalten, dass sie keine Steuerberatung erbringe und in der Produktdokumentation befinde sich ein weiterer Hinweis, dass der Kunde die steuerlichen Konsequenzen einer Investition selber abklären müsse.
Nach Ansicht des Ombudsman ist es üblich, dass Banken eigentliche Steuerberatungen nur aufgrund von spezifischen Vereinbarungen, in der Regel durch spezialisierte Abteilungen, und üblicherweise entgeltlich, erbringen. Gemäss der von ihm beobachteten allgemeinen Bankpraxis beschränkt sich jedoch die Anlageberatung nicht nur auf die diversen Risiken, welche den Marktwert und die Sicherheit eines Anlageproduktes beeinflussen können. Vielmehr gehören dazu auch Hinweise auf produktspezifische Steuerrisiken und die Ertragsmöglichkeiten nach Steuern, insbesondere, wenn ein Kunde erstmals eine bestimmte Investition tätigt.
Selbst wenn aufgrund der vertraglichen Vereinbarung keine Steuerberatung geschuldet ist, darf eine Bank gemäss der Meinung des Ombudsman gestützt auf die ihr im Rahmen der Anlageberatung obliegende Sorgfaltspflicht keine Produkte empfehlen, welche unabhängig von der individuellen Steuersituation des Kunden aufgrund seines Steuerdomizils zu vermeidbaren Steuerbelastungen führen, welche den erzielbaren Ertrag nach Steuern substantiell negativ beeinflussen. Ob im konkreten Fall das strukturierte Produkt in diesem Sinne als «steuerschädlich» zu betrachten war, blieb im vorliegenden Fall allerdings umstritten.
Da die Bank klar machte, dass sie zu keinem Entgegenkommen bereit war, verzichtete der Ombudsman darauf, sich in seinem abschliessenden Bescheid zur Höhe des geltend gemachten Steuerschadens zu äussern und stellte seine Vermittlungsbemühungen ein. Er drückte dabei der Bank nochmals sein Erstaunen darüber aus, dass diese das Beratungsgespräch und die Zustimmung des Kunden zu einer derart grossen Transaktion nicht eindeutig dokumentieren konnte. Dies war der Glaubwürdigkeit ihrer Darstellung nicht förderlich und führte schliesslich auch dazu, dass die Streitigkeit einen grossen Aufwand verursachte und das Ombudsverfahren mit einem unklaren Ergebnis eingestellt werden musste.
Wie in diesem Fall, beobachtet der Ombudsman nach wie vor regelmässig, dass zwar Anlageberatungsdienstleistungen mehr und mehr in schriftlichen Verträgen formalisiert werden, die Dokumentation der gestützt darauf geführten Beratungsgespräche teilweise aber ganz fehlt oder inhaltlich ungenügend ist. Solche Fälle erscheinen ihm im Hinblick auf das Inkrafttreten der aufsichtsrechtlichen Verhaltens- und Dokumentationspflichten des Finanzdienstleistungsgesetzes FIDLEG erstaunlich.