Spekulation mit «exotischen» Währungen
Der Ehemann handelte bei der Bank offenbar seit Längerem mit verschiedenen Währungen und benutzte dafür das ehemalige Pensionskassenguthaben des Ehepaars, das sich diese hatten auszahlen lassen. Die Transaktionen wurden auf einer elektronischen Handelsplattform der Bank abgewickelt. Eine Beratung seitens der Bank fand dabei nicht statt («execution-only»). Der Kunde hatte bei Eröffnung der Bankbeziehung einen Vertrag unterzeichnet, in welchem er unter anderem bestätigte, dass er sich in Währungsgeschäften auskenne, sich der Risiken bewusst sei und in der Lage sei, diese finanziell zu tragen (e-Forex-Vertrag).
Der Kunde erklärte, am betreffenden Sonntagabend habe es auf der Handelsplattform Probleme gegeben. Das System sei am Freitag davor um 23.00 Uhr wie üblich ausgeschaltet worden. Am Sonntag hätte es um 23.00 Uhr wieder eingeschaltet werden müssen. Die Wiedereinschaltung sei jedoch erst um 23.30 Uhr erfolgt. Es habe also von 23.00 Uhr bis 23.30 Uhr eine Handelssperre gegeben. Er habe zu jener Zeit in drei seiner Konten offene Positionen in den Währungspaaren EUR/ZAR und USD/ZAR gehalten. Der Kurs dieser Währungen sei in der halben Stunde von 23.00 Uhr bis 23.30 Uhr manipuliert worden, ohne dass er die Möglichkeit gehabt hätte, zu intervenieren. Er habe aufgrund der Handelssperre nicht rechtzeitig eingreifen können, um die offenen Geschäfte zu schliessen. Wenige Sekunden nach 23.30 Uhr habe die Bank einen «Margin Sell-Out» vorgenommen, was zu den grossen Verlusten geführt habe. Diese hätten verhindert werden können, wenn er früher hätte eingreifen können.
Aus den Unterlagen ergab sich, dass aufgrund der Transaktionen auf den drei Konten Belastungen von 200 000 CHF verbucht worden und Minussalden von insgesamt über 100 000 CHF entstanden waren. Zur Deckung der Ausstände sperrte die Bank vorsorglich weitere Konten und Depots des Ehepaars. Die Kunden verlangten die Aufhebung der Sperren und forderten, dass Ihnen die Guthaben auf den Konten von insgesamt 200 000 CHF wieder zur Verfügung gestellt würden. Sie erklärten, sie seien aufgrund des Fehlers der Bank nun völlig mittellos. Die Bank wiederum forderte die Ausgleichung der Minussalden und war nicht bereit, die Sperre auf den Konten und Depots, welche sie zur Sicherung ihrer Forderungen errichtet hatte, aufzuheben.
Die Sachverhaltsdarstellung der Kunden warf diverse Fragen auf, auf welche die Bank in der Korrespondenz nur ungenügend eingegangen war. Unter anderen ergab sich aus einer vom Kunden eingereichten Tabelle, dass die Plattform in der betreffenden halben Stunde für die Kunden hätte geöffnet sein müssen. Der Ombudsman intervenierte daher bei der Bank und ersuchte sie um eine Stellungnahme.
Die Bank teilte ihm hierauf mit, die Handelszeiten seien im Internet veröffentlicht und hätten sich seit über einem Jahr nicht geändert gehabt. Im Einklang mit dem Vertrag und diesen Handelszeiten sei der Handel zwischen 23.00 Uhr und 23.30 Uhr nicht möglich gewesen. Die vom Kunden eingereichte Tabelle mit anderen Öffnungszeiten sei ihr nicht bekannt. Auf die Risiken, die sich ergeben, wenn Handelspositionen während der Marktschliessung über das Wochenende offengelassen werden, werde im e-Forex-Vertrag, den der Kunde unterzeichnet habe, hingewiesen. Marktmanipulationen seien keine vorgenommen worden. Bei den vom Kunden gehandelten Positionen handle es sich um «exotische» Währungspaare. Diese seien riskant, da sie im Markt weniger gehandelt würden und es deshalb zu grösseren Schwankungen kommen könne. Dies sei am betreffenden Wochenende der Fall gewesen. Namentlich der Südafrikanische Rand sei einer sehr bedeutenden und plötzlichen Kursbewegung ausgesetzt gewesen, weshalb in den Konten des Kunden die Margin-Anforderungen nicht mehr erfüllt gewesen seien. Unmittelbar nach Eröffnung des Handelssystems um 23.30 Uhr hätten die Positionen daher glattgestellt werden müssen, und zwar zu den im damaligen Zeitpunkt erhältlichen Preisen am Markt. Das automatische Glattstellungssystem habe korrekt funktioniert und das Vorgehen entspreche dem e-Forex-Vertrag. Im Vertrag würden die Kunden auf die grossen Risiken des Devisenhandels hingewiesen, ebenso, dass sie für eventuelle Verluste alleine verantwortlich seien. Die Verluste wären zudem mit grosser Sicherheit auch dann eingetreten, wenn das Handelssystem bereits um 23.00 Uhr wieder eröffnet worden wäre. Der Kunde hätte mit grosser Wahrscheinlichkeit auch dann nicht mehr eingreifen können, weil auch in diesem Fall die offenen Positionen umgehend mit der Eröffnung des Markts glattgestellt worden wären. Die Kurse seien schon vorher während des Wochenendes stark abgefallen, und nicht erst während der letzten 30 Minuten vor der Öffnung des Systems am Sonntag um 23.30 Uhr. Dieses Risiko sei der Kunde eingegangen, indem er sich entschieden hatte, die Positionen während des Wochenendes offen zu lassen. Zum Vorwurf des Kunden, die Bank sperre zu Unrecht auch Konten der Ehefrau, erklärte die Bank, es handle sich bei dem betreffenden Konto seit einigen Jahren um ein Gemeinschaftskonto. Aufgrund ihres Pfand- und Verrechnungsrechts dürfe sie auf diese Vermögenswerte zurückgreifen, um offene Forderungen aus Geschäften des Ehemanns zu sichern und wenn nötig zu decken.
Die Position der Bank war in den wesentlichen Punkten nachvollziehbar dokumentiert. Gemäss dem e-Forex-Vertrag war sie berechtigt, eine sogenannte «Automatische Glattstellung» auszulösen, sobald die Margenerfordernisse auf einem Konto nicht mehr erfüllt waren. Im Vertrag wurde ausdrücklich festgehalten, dass sie in diesem Augenblick sämtliche offenen Fremdwährungspositionen schliessen darf und der Kunde die daraus resultierenden Verluste zu tragen hat, selbst wenn diese höher sind als sein bei der Bank verbuchtes Guthaben. Sodann hat die Bank ein vertragliches Pfand-, Verrechnungs- und Retentionsrecht an den Vermögenswerten des Kunden. Im e-Forex-Vertrag war weiter darauf hingewiesen, dass Transaktionen mit Devisen extrem riskanter Natur seien und dass es bei bestimmten Markbedingungen unmöglich sein könne, Aufträge zu einem akzeptablen Preis glattzustellen.
Woher er die Tabelle mit den gemäss ihm geltenden Marktöffnungszeiten hatte, konnte vom Kunden trotz ausdrücklicher Rückfrage nicht erklärt werden. Bezüglich der Öffnungszeiten schien dem Ombudsman aber auch relevant, dass die Bank gemäss dem e-Forex-Vertrag die Benutzungsmodalitäten der Handelsplattform jederzeit ändern konnte. Er sah deshalb keine nachvollziehbare Grundlage für die Position des Kunden, dass die Plattform zwischen 23.00 Uhr und 23.30 Uhr hätte geöffnet sein müssen. Des Weiteren hatte die Bank belegt, dass es sich beim Konto, von welchem die Kunden erklärten, es gehöre alleine der Ehefrau, um ein Gemeinschaftskonto mit solidarischer Haftung der Inhaber handelte. Dieses war gemäss der Dokumentation zwar ursprünglich als Einzelkonto eröffnet, jedoch 2011 in ein Gemeinschaftskonto umgewandelt worden. Gemäss den Kontobestimmungen hafteten beide Kontoinhaber solidarisch für Forderungen der Bank gegenüber einem der Kontomitinhaber.
Alles in allem hatte der Ombudsman somit keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Verluste durch ein Fehlverhalten der Bank entstanden waren. Da diese auch gegenüber dem Ombudsman nicht bereit war, auf ihre Forderungen zu verzichten und dem Kunden die verlorenen Guthaben wieder zur Verfügung zu stellen, blieb diesem nichts anderes, als dem Kunden die Einstellung seiner Vermittlungsbemühungen mitzuteilen.