Schlechter Informationsfluss
Als ein Liquiditätsengpass der Firma absehbar war, orientierte sie den Betreuer der Geschäftsstelle, welche den Betriebskredit gewährt hatte. Sie teilte ihm mit, dass sie zur Behebung des Engpasses eines ihrer Ferienhäuser verkaufen werde. Der Betreuer habe diese proaktive Information verdankt und sich anschliessend mit ihr detailliert über die Verkaufschancen und den zu erwartenden Verkaufspreis unterhalten. Erfreut über die Selbstinitiative der Kundin habe er ihr noch guten Erfolg beim Verkauf gewünscht. Von Auflagen bezüglich des Betriebskredits sei nie die Rede gewesen. Überraschend schnell nach dieser Besprechung gelang es der Kundin denn auch, ihr Ferienhaus zum geplanten Preis zu verkaufen, die darauf lastende Hypothek zurückzuzahlen und noch einen Mehrerlös zu erzielen. Sie freute sich über diesen Erfolg, war doch damit auch der Liquiditätsengpass überwunden. Zudem waren in letzter Zeit wieder bessere Umsatzzahlen erwirtschaftet worden, so dass sie der Zukunft ihres kleinen Betriebs zuversichtlich entgegensah.
Sie war somit auch sehr erstaunt, als sich plötzlich die Geschäftsstelle, welche die Hypothek auf dem verbleibenden Haus führte, bei ihr meldete. Diese machte geltend, der Wert des verbleibenden Hauses sei durch den Verkauf der benachbarten Liegenschaft stark geschmälert worden, und verlangte umgehend eine beträchtliche Teilamortisation der Hypothek. Bevor sie Lösungsmöglichkeiten habe besprechen können, habe man ihr den Betriebskredit bei der anderen Geschäftsstelle per sofort gekündigt und daselbst die Amortisation ohne ihre Zustimmung dem Konto belastet. Damit war die Zukunft ihres Betriebs praktisch über Nacht wieder in Frage gestellt. Die Kundin konnte nicht begreifen, warum man sie nicht anlässlich des Informationsgesprächs betreffend den Liquiditätsengpass über solche möglichen Folgen informiert und mit ihr zusammen nach Lösungsmöglichkeiten gesucht habe. Sie war am Telefon entsprechend verbittert und hatte das Gefühl, die Bank habe sie einfach «ins Messer laufen lassen».
Dieser Fall dient als schlechtes Beispiel für den Informationsfluss innerhalb der gleichen Bank. Der Betreuer der Geschäftsstelle, welche die Firmenkonten führte, hat sich offensichtlich nur um den von ihm direkt überschaubaren Teil der Beziehung, nämlich den Betriebskredit, gekümmert. Dies, obwohl die Bank aufgrund der Rechtsform der Beziehung (Einzelfirma) um die Gesamtposition der Kundin wissen musste. Auch der Ombudsman konnte somit nicht begreifen, warum sich die Bank, nachdem sie von der Kundin über einen Liquiditätsengpass informiert worden war, nicht einen internen Überblick über die Gesamtposition, inklusive Werthaltigkeit ihrer Ferienhäuser, verschafft hatte. Hätte sie dies getan und hätte sie die Kundin über die möglichen Auswirkungen des geplanten Verkaufs rechtzeitig informiert und mit ihr gemeinsam nach Lösungen gesucht, wäre diese drastische Entwicklung wohl vermieden worden. Der Ombudsman hatte denn auch grosses Verständnis für die Verbitterung der Kundin.
Die Behandlung der Frage, ob die Bank zur direkten Belastung der Teilamortisation berechtigt war, hätte die Situation der Kundin respektive ihrer Firma nicht verbessert. Der Ombudsman empfahl ihr deshalb, sich an die Geschäftsleitung der Bank zu wenden und diese zu bitten, ihr einen Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen, welcher in Kenntnis der Gesamtposition mit ihr gemeinsam nach für beide Seiten akzeptablen Lösungen suchen könnte. Die Kundin nahm diese Empfehlung gerne auf. Das Resultat ihrer Bemühungen ist dem Ombudsman leider nicht bekannt, da sich die Kundin daraufhin nicht mehr meldete. Ihre Äusserungen deuteten aber klar darauf hin, dass sie sich nach einer sich abzeichnenden Verbesserung der Liquiditätslage (z. B. nach Verkauf des zweiten Ferienhauses) auf jeden Fall eine andere Bank suchen würde.