Schadenersatzforderung gegen die Empfängerbank von betrügerisch ausgelösten Zahlungen
Der Kunde der Empfängerbank hatte von unbekannten Dritten per SMS ein Stellenangebot erhalten, welches er annahm, und erhielt kurz darauf einen in schlechtem Deutsch abgefassten Arbeitsvertrag als «Task-Manager». Er empfing dann per SMS und E-Mail Instruktionen, sein Bankkonto für Gelder zur Verfügung zu stellen, welche er danach umgehend in Tranchen bar abheben und per Post an die erwähnte Adresse in Moskau weiterleiten sollte. Das Geld stammte vom geschädigten Kunden, auf dessen Konto die Betrüger mit den erschlichenen Zugangsdaten hatten zugreifen können. Er erfüllte diesen Auftrag und erhielt dafür ein Entgelt. Die letzte Tranche von rund 50 000 CHF konnte allerdings von der Staatsanwaltschaft, welche aufgrund einer Strafanzeige des Geschädigten tätig wurde, sichergestellt werden. Der Kunde der Empfängerbank wurde für seine Handlungen schliesslich per Strafbefehl wegen Geldwäscherei verurteilt. Die Forderungen des geschädigten Kunden wurden in das Zivilverfahren verwiesen. Der Verurteilte war mit grosser Wahrscheinlichkeit mittellos. Die eigentlichen Betrüger blieben unbekannt.
Der geschädigte Kunde erhielt durch das Strafverfahren Kenntnis von der Tatsache, dass auf dem Konto des Kunden der Empfängerbank vor der Gutschrift der von seinem Konto stammenden Zahlungen nur ein Saldo von rund 200 CHF vorhanden war und darauf über viele Jahre lediglich regelmässig eine bescheidene Rente eingegangen war. Er war deshalb der Ansicht, dass sowohl die Eingänge, wie auch die Barabhebungen, welche während sehr kurzer Zeit plötzlich erfolgten, bei der Empfängerbank im Rahmen der geforderten Geldwäschereipräventionsmassnahmen als ungewöhnlich hätten auffallen und gestoppt werden müssen. Er forderte aus diesem Grund von ihr denjenigen Teil seines Schadens ersetzt, welcher nicht bereits von seiner Hausbank gedeckt worden war.
Die Empfängerbank machte geltend, es verstehe sich von selbst, dass sie in diesem Fall nicht bereits bei der ersten Gutschrift resp. Barabhebung habe reagieren können. Die Transaktionen seien innert kurzer Frist von ihrem Geldwäschereipräventionssystem entdeckt worden. Der Kundenberater habe darauf mit dem Empfänger des Geldes telefonisch Kontakt aufgenommen. Dieser habe die Transaktionen plausibel erklärt. Er habe geltend gemacht, dem Geschädigten Anteile an einer deutschen GmbH verkauft und das Geld danach bar an diese GmbH weitergeleitet zu haben, um die Kosten für die ansonsten notwendigen Überweisungen zu sparen. Der Kundenberater habe sich vom Kunden für diese Erklärungen dokumentieren lassen und sei zum Schluss gekommen, dass diese plausibel seien.
Einen Tag später erreichte die Sperrverfügung der Staatsanwaltschaft die Empfängerbank, welche einen Restbetrag von 50 000 CHF sicherstellen konnte. Die Empfängerbank war der Ansicht, rechtzeitig und angemessen auf die Vorfälle reagiert zu haben. Der Vollständigkeit halber teilte sie dem Geschädigten mit, dass die Bestimmungen des Geldwäschereigesetzes und der dazugehörigen Verordnungen keine Schutznormen für eine ausservertragliche Haftung nach Art. 41 des Schweizerischen Obligationenrechts darstellen würden.
Die Empfängerbank war auch nach der Intervention des Ombudsman zu keinerlei Entgegenkommen gegenüber dem Geschädigten bereit und wiederholte lediglich ihren bereits dem Anwalt des Kunden gegenüber direkt eingenommenen Standpunkt. Der Ombudsman musste deshalb das Dossier mit einem abschliessenden Bescheid ohne Ergebnis schliessen.
Im abschliessenden Bescheid äusserte er sich einleitend zur möglichen Haftungsgrundlage in einem solchen Fall. Da der Geschädigte in keiner vertraglichen Beziehung zur Empfängerbank stand, kam lediglich eine ausservertragliche Haftung nach Art. 41 des Schweizerischen Obligationenrechts in Frage. Bei einem reinen Vermögensschaden braucht es dazu unter anderem die Verletzung einer sogenannten Schutznorm, welche den Zweck hat, einen solchen Vermögensschaden zu verhindern. Entgegen der Ansicht der Empfängerbank ist es gemäss dem Verständnis des Ombudsman anerkannt, dass die Geldwäschereibestimmungen eine solche Schutznorm darstellen können. Dies jedoch nur dann, wenn sie vorsätzlich oder eventualvorsätzlich verletzt werden, d. h. wenn ihre Verletzung gewollt oder mehr als nur fahrlässig billigend in Kauf genommen wird. Eine fahrlässige Verletzung genügt nicht. Entgegen der Ansicht der Empfängerbank ist es gemäss dem Verständnis des Ombudsman anerkannt, dass Art. 305bis der Geldwäschereibestimmungen im Schweizerischen Strafgesetzbuch eine solche Schutznorm darstellen kann.
Die relevante Frage in diesem Fall war somit, ob das Zulassen der Barauszahlungen durch die Bank und ihre Mitarbeiter als eine Vereitelungshandlung im Sinne der Geldwäschereinorm von Art. 305bis des Schweizerischen Strafgesetzbuchs zu qualifizieren war, und wenn ja, ob diese Handlungen vorsätzlich oder zumindest eventualvorsätzlich begangen worden waren.
Es war für den Ombudsman angesichts der zur Diskussion stehenden Überweisungen und Barabhebungen verständlich, dass der geschädigte Kunde die Meinung vertrat, die Bank habe ihre Pflichten bei der Abklärung dieser ungewöhnlichen Transaktionen verletzt, habe dadurch die Einziehung der Gelder verunmöglicht und sei für den ihm entstandenen Schaden haftbar. Es drängte sich bei einer Betrachtung der Transaktionsliste, insbesondere der Barabhebungen, tatsächlich die Frage auf, ob die Bank rechtzeitig reagiert hatte. Ob das Vorgehen der Bank aber noch im üblichen und zulässigen Bereich lag, oder ob bereits eine Verletzung aufsichtsrechtlicher Pflichten oder ein strafrechtlich relevantes Verhalten vorlag, war eine Frage, welche mit den Mitteln des Ombudsverfahrens nicht geklärt werden konnte. Dies galt schliesslich insbesondere auch für die besonders heikle Frage, ob vorliegend ein Vorsatz oder Eventualvorsatz gegeben war.