Schadenersatzanspruch wegen Nichtausführung eines Verkaufsauftrags und
falscher Anlageberatung
Der Ombudsman versuchte in einem persönlichen Gespräch mit dem Kunden zwei Punkte zu klären. Erstens schien ihm die Frage wesentlich, ob der Kunde der Bank anlässlich seines ersten Besuchs einen Auftrag zum Verkauf seiner Anlagen erteilt hatte, welchen diese weisungswidrig nicht ausführte. Zweitens musste geklärt werden, ob der Rat der Bank an den Kunden, die Anlagen nicht zu verkaufen, gestützt auf das erstellte Kundenprofil, in welchem die Risikofähigkeit und die Risikobereitschaft des Kunden und mithin dessen Anlagehorizont festgehalten waren, nachvollziehbar war.
Es stellte sich heraus, dass der Kunde anfangs März 2020 die Bank mit der festen Absicht aufgesucht hatte, seine Anlagen zu verkaufen. Der Kundenberater riet ihm damals, gestützt auf die Meinung des Chefökonomen der Bank, von einem Verkauf ab. In ihrer Stellungnahme an den Kunden hatte die Bank festgehalten, er habe gestützt auf diesen Rat an diesem Tag keinen Verkaufsauftrag erteilt, wäre aber frei gewesen, den Rat der Bank nicht zu befolgen und seine Anlagen zu verkaufen. Der Kunde kam mehrmals auf den Ablauf dieses Gesprächs zurück und legte dem Ombudsman dabei verschiedene sich leicht unterscheidende Varianten vor. Am Schluss bestätigte er aber immer wieder, dass er keinen Verkaufsauftrag erteilt hatte.
Er zeigte sich in diesem Gespräch als versierter Anleger, welcher bereits seit über 20 Jahren Investitionen in verschiedenste Anlageprodukte getätigt und dabei schon mindestens zwei bedeutende Finanzkrisen erlebt hatte. Er war durch regelmässige Zeitungslektüre gut über die laufenden Entwicklungen im Zusammenhang mit der Coronavirus-Krise informiert und kannte die verschiedenen, sich zum Teil stark widersprechenden Ratschläge, welche diverse Experten den Anlegern angesichts der gestiegenen Risiken erteilten. Der Ombudsman kam zum Schluss, dass der Kunde der Bank anlässlich seines ersten Besuchs anfangs März keinen Verkaufsauftrag erteilt hatte und der Rat der Bank an ihn, von einem Verkauf zum damaligen Zeitpunkt abzusehen, vertretbar war.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs stellte sich der Kunde dann auf den Standpunkt, der anlässlich seines zweiten Besuchs bei der Bank wiederholte Rat, seine Anlagen nicht zu verkaufen, sei von seinem Kundenberater ungenügend begründet worden. Hätte er genau gewusst, welche Stützungsmassnahmen die Politik und die Zentralbanken ergriffen hatten, um die Kurse an den Börsen zu stützen, hätte er vielleicht von einem Verkauf abgesehen und von den zwischenzeitlich wieder gestiegenen Kursen profitieren können, welche seine Buchverluste grösstenteils wieder wettgemacht hätten. Eine Woche nach dem persönlichen Gespräch telefonierte der Kunde dem Ombudsman und teilte ihm mit, er sei nach reiflicher Überlegung zum Schluss gekommen, er habe der Bank doch bereits anlässlich seines ersten Besuchs einen Verkaufsauftrag erteilt. Die Bank habe ihn aber nicht ernst genommen und den Auftrag in den Wind geschlagen.
In seinem abschliessenden Bescheid an den Kunden hielt der Ombudsman fest, dass seiner Ansicht nach in diesem Fall keine überzeugenden Argumente vorlagen, aufgrund welcher er die Bank hätte kontaktieren und sie zu einem Entgegenkommen bewegen können. Der Ombudsman darf als neutraler Vermittler die Glaubwürdigkeit der Parteien nicht in Frage stellen und kann deshalb umstrittene Sachverhalte nicht mittels eines Beweisverfahrens verbindlich klären. Ob anlässlich des ersten Besuchs des Kunden ein Verkaufsauftrag erteilt worden war, hätte beweismässig geklärt werden müssen und musste deshalb im Ombudsverfahren offen bleiben. Der Ombudsman informierte den Kunden, dass er für seine Behauptung, er habe einen Verkaufsauftrag erteilt, in einem eventuellen Gerichtsverfahren nachweispflichtig wäre. Der Kunde hatte die Bank zwischen seinen beiden Besuchen im März 2020 nie kontaktiert und die fehlende Ausführung des Auftrags nie moniert. Der Ombudsman liess in seinem Entscheid durchblicken, dass er sich vorliegend des Eindrucks nicht ganz habe erwehren können, dass der Kunde seine Aussagen im Hinblick auf das von ihm erwünschte Ergebnis mehrmals leicht angepasst habe.
Den anlässlich des zweiten Besuchs bei der Bank schliesslich entgegen dem ausdrücklichen Rat erfolgte Verkauf musste der Kunde nach Ansicht des Ombudsman selber verantworten. Die Aussage, der Rat sei nicht ausreichend begründet worden, schien vor dem Hintergrund der regelmässigen Zeitungslektüre des Kunden, aus welcher er während des persönlichen Gesprächs mit dem Ombudsman lebhaft zitiert hatte, etwas weit hergeholt.
Bei der Durchsicht des Dossiers stellte der Ombudsman noch fest, dass der Kunde seine Anlagen in zwei verschiedenen Depots gehalten hatte. Eines der beiden Depots wurde von der Bank im Rahmen eines Vermögensverwaltungsmandats bewirtschaftet. In Bezug auf das zweite Depot hatte der Kunde einen Anlageberatungsvertrag abgeschlossen. Darin hatte es Klumpenrisiken und die Anlagen waren vor dem Hintergrund des Kundenprofils nach Ansicht des Ombudsman zu risikoreich. Der Kunde erklärte, die beiden Punkte seien ihm bewusst und wollte diese nicht weiter vertiefen. Der Ombudsman schloss den Fall darauf definitiv ab. Später schrieb der Kunde dem Ombudsman und unterbreitete ihm eine weitere Variante der Ereignisse, auf die angesichts der Umstände leider nicht mehr eingegangen werden konnte.