Schadenersatzanspruch im Zusammenhang mit der Empfehlung eines strukturierten Produkts
Das von der Kundin aufgrund der Beratung erworbene strukturierte Produkt hatte eine Laufzeit von lediglich einem Jahr und einen Coupon von 10%. Nach sechs Monaten und bei der Fälligkeit des Produkts wurden ihr je CHF 500 ausbezahlt. Bei der Fälligkeit hätte sie zudem das investierte Kapital zurückbezahlt erhalten, wenn nicht einer oder mehrere der drei Basiswerte aus dem SMI eine definierte untere Kursschwelle («Knock-In Level») erreichte oder unterschritt. Wenn ein solches Ereignis während der Laufzeit eingetreten war, wurde das Kapital bei Fälligkeit nur dann zurückbezahlt, wenn alle drei Aktien zu diesem Zeitpunkt das Kursniveau erreichten oder überschritten, welches sie eine Woche vor Beginn der Laufzeit des strukturierten Produkts gehabt hatten. Das war vorliegend nicht der Fall, so dass der Kundin eine Anzahl des Basiswerts mit der schlechtesten Kursentwicklung zugeteilt wurde. Dies im Gegenwert des investierten Kapitals von CHF 10’000, welches diese Aktien eine Woche vor Beginn der Laufzeit des Produkts gehabt hatten. Die zugeteilten Aktien hatten während der Laufzeit bereits erheblich an Wert verloren.
Die geschilderten Ereignisse zeigen deutlich, dass es sich beim Coupon eines solchen Produkts keineswegs um eine Kapitalverzinsung handelt, wie dies manchmal von gewissen Kunden fälschlicherweise verstanden wird. Es handelt sich vielmehr um eine Risikoprämie, mit welcher der Anleger für das Tragen des Kursrisikos der mit dem Produkt verbundenen Basiswerte entschädigt wird.
Gemäss der Darstellung der Kundin wollte sie die Aktien nach deren Zuteilung umgehend verkaufen. Ihr Kundenberater habe ihr aber empfohlen, diese zu behalten und auf eine mögliche Kurserholung zu warten. Später, als die Aktien immer weiter an Wert verloren, habe die Bank wiederholt die gleiche Empfehlung ausgesprochen und sie ermutigt, auf eine Kurserholung zu hoffen. Sie sei dem Rat der Bank stets gefolgt und habe nun mit der Übernahme praktisch das ganze investierte Kapital verloren. Sie vertrat die Ansicht, dass sie bereits beim Erwerb des Produkts falsch beraten, ja geradezu getäuscht worden war. Die Bank habe ihr erklärt, sie trage mit der Investition praktisch kein Risiko. Zudem habe die Bank sie auch während der Zeit, als sie die zugeteilten Titel im Depot gehalten hatte, falsch und lückenhaft beraten, so dass sie von einem Verkauf jeweils abgesehen hatte.
Die Kundin erklärte, der Kundenberater habe die seinerzeitige Empfehlung damit begründet, dass die drei Basiswerte des strukturierten Produkts eine stabile Kursentwicklung gehabt hätten und das Produkt nur eine kurze Laufzeit von einem Jahr habe. Er habe deshalb das Risiko, dass während dieser Zeit ein Ereignis eintreten würde, aufgrund welchem bei Fälligkeit des Produkts keine Kapitalrückzahlung, sondern eine Aktienlieferung erfolgt, als gering eingeschätzt.
Die von der Kundin geschilderte Einschätzung des Kundenberaters schien dem Ombudsman in der damaligen Situation nicht falsch oder offensichtlich unvernünftig. Die globale Finanzkrise, welche schliesslich wohl der Grund für die Kursverwerfungen der Basiswerte war, hatte ihr Kundenberater nicht vorausgesehen. Damit war er jedoch keineswegs allein.
Ob die Kundin über die Funktionsweise und die Risiken des strukturierten Produkts genügend aufgeklärt worden war, liess sich nach 16 Jahren kaum mehr klären. Es war jedoch erstellt, dass der Kundin im Rahmen der Beratung ein Term-Sheet des Produkts ausgehändigt worden war, in welchem aufgeführt war, welche Leistungen ein Investor in welchen Szenarien erhalten werde. In den Unterlagen war nicht ersichtlich, dass die Kundin die Bank vor ihrem Beschwerdeschreiben im März 2023 bereits einmal mit ihren Vorwürfen konfrontiert hatte. Da ihr spätestens seit der Einbuchung der Aktien im Jahr 2008 bekannt sein musste, mit welchen Risiken das strukturierte Produkt verbunden war, wären allfällige Schadenersatzansprüche wegen einer fehlerhaften Beratung, die zum Erwerb des Produkts geführt hatte, längst verjährt.
In Bezug auf den Vorwurf der Kundin, sie sei nach der Zuteilung der Aktien wiederholt falsch und lückenhaft beraten worden, konnte den Unterlagen entnommen werden, dass ihr die Kundenberater der Bank im Wesentlichen Einschätzungen über die künftige Kursentwicklung der Titel abgegeben hatten. Solche Einschätzungen sind immer mit Unsicherheiten verbunden, da eine künftige Kursentwicklung selbstredend nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden kann. Erweisen sie sich als falsch, ist dies zwar für die Betroffenen bedauerlich, führt aber normalerweise nicht zu einer Haftung der Bank. Im konkreten Fall konnten diese Einschätzungen zu den Zeitpunkten, als sie abgegeben wurden, wohl nicht als offensichtlich unvernünftig qualifiziert werden. Kenntnisse über allgemeine Kursänderungs- und Marktrisiken von Aktienanlagen darf die Bank bei ihren Kunden und Kundinnen voraussetzen. Diese Risiken müssen in aller Regel von den Anlegern getragen werden.
Eine Haftung der Bank für ein Marktrisiko könnte dann zur Diskussion stehen, wenn eine eigentliche Performancegarantie abgegeben wurde. Solche Garantien sind jedoch unüblich, und es war nicht erkennbar, dass die von der Kundin geschilderten Äusserungen ihrer Kundenberater dahingehend hätten interpretiert werden können.
Aus diesen Gründen erachtete der Ombudsman Vermittlungsbemühungen als aussichtlos und erteilte der Kundin einen entsprechenden Schlussbescheid. Er bedauerte die von ihr erlittenen Anlageverluste und äusserte die Hoffnung, dass seine Erklärungen ihr für ein besseres Verständnis der Situation dienen würden.