Schaden wegen mangelnder Überwachung des Wertschriftendepots durch die Bank im Rahmen eines Anlageberatungsmandats
Die Parteien waren sich in Bezug auf den für die Auseinandersetzung massgebenden Sachverhalt nur in wenigen Punkten einig. Übereinstimmend legten sie dar, dass der Anlageberatungsvertrag nur deswegen gewählt wurde, da er gegenüber dem sogenannten Execution-only Modell bei der konkreten Bank mit einem für die Bedürfnisse des Ehepaars günstigeren Gebührenmodell verbunden war, welches für die Transaktions- und Depotgebühren einen Pauschalpreis vorsah. Ansonsten hätte das Ehepaar eine reine Execution-only Vereinbarung gewählt, da es kein Anlageberatungsbedürfnis hatte. Einigkeit bestand auch darüber, dass die Titel im Wertschriftendepot auf Eigeninitiative des Bevollmächtigten, ohne Anlageberatung der Bank erworben worden waren, dies zu einem wesentlichen Teil vor Abschluss des Anlageberatungsvertrags.
Der Anlageberatungsvertrag sah vor, dass die Bank den Kunden auf Wunsch Anlageberatungsvorschläge erarbeitete. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass das Depot auf die Einhaltung der gewählten Anlagestrategie überwacht wird und periodische Anlagereporte erstellt werden. Im vorliegenden Fall wurde für die Kundin die Strategie «Fokus» ermittelt, welche sich für chancenorientierte Anlegerinnen und Anleger eignet und bei welcher mit grossen Vermögensschwankungen gerechnet werden muss.
Der Bevollmächtigte warf der Bank vor, sie habe ihn im Laufe des Jahres 2022 nie über den erheblichen Kursverfall der meisten Titel informiert, keine Einschätzungen über mögliche Kursentwicklungen abgegeben und ihn nie beraten, wie er sich angesichts der erheblichen Buchverluste verhalten solle. Er habe nicht einschätzen können, ob er die Titel behalten oder veräussern solle. Dadurch sei der Kundin ein erheblicher Schaden entstanden. Er erwartete, dass die Bank sich in einem wesentlichen Umfang am entstandenen Schaden beteiligt.
Gemäss Darstellung der Bank hatte sie den Bevollmächtigten bereits bei Abschluss des Anlageberatungsvertrags über die hohen Klumpenrisiken im Wertschriftendepot der Kundin gewarnt und auf einen entsprechenden Handlungsbedarf hingewiesen. Er habe diese Warnungen nicht beachtet und erwähnt, dass er sogar noch Zukäufe tätigen wolle. Das Ehepaar habe in Bezug auf seine finanziellen Verhältnisse nur sehr zurückhaltend informiert, habe der Bank aber mitgeteilt, der Bevollmächtigte sei als Vermögensverwalter tätig gewesen.
Die erheblichen Kursverluste seien in den vierteljährlichen Gebührenabrechnungen und in den halbjährlichen Anlagereporten ersichtlich gewesen. In letzteren sei auch auf die Klumpenrisiken hingewiesen worden. Der Kundenberater habe die aktuellen Kurse der Titel zudem telefonisch mit dem Bevollmächtigten besprochen. Die Bank habe schliesslich festgestellt, dass sich der Bevollmächtigte im Jahr 2022 jeden Monat mehrmals im E-Banking eingeloggt und auf das Wertschriftendepot zugegriffen habe. Sie schloss daraus, dass er die Kurse eng verfolgt habe. Das zeige auch die Tatsache, dass er den einzigen Titel, der sich wesentlich weniger schlecht entwickelt habe, 2022 selbständig verkauft habe.
Der Bevollmächtigte bestritt die Darstellung der Bank. Er und seine Frau hätten ein kleines Gewerbe betrieben, welches nichts mit dem Finanzdienstleistungsbereich zu tun gehabt habe. Er habe lediglich ausländischen Freunden unentgeltlich geholfen, ihre Konten in der Schweiz zu verwalten. Er sei nie als professioneller Vermögensverwalter tätig gewesen. In den protokollierten Telefongesprächen seien lediglich die Sollsalden auf den Konten seiner Frau besprochen worden. Die Wertschriftenkurse seien kein Thema gewesen. Ein Gespräch über Klumpenrisiken sei zwar erfolgt, aber erst viel später, als sie den Anlageberatungsvertrag bereits aufgelöst hatten. In das E-Banking eingeloggt habe er sich nur, um die Bezahlung der Rechnungen für die erheblichen Gesundheitskosten sicherzustellen.
Der Ombudsman bedauerte die von der Kundin erlittenen Verluste und die schwierige Situation, in welche das Ehepaar dadurch geraten war. Da beide Parteien an ihren unterschiedlichen Darstellungen festhielten, musste der Ombudsman dem Bevollmächtigten aber mitteilen, dass er als neutraler Vermittler die Glaubwürdigkeit der Parteien nicht hinterfragen darf und unterschiedliche Darstellungen nicht im Rahmen eines Beweisverfahrens klären kann. Wesentliche für die Beurteilung dieser Auseinandersetzung notwendige Sachverhaltselemente konnten deshalb nicht geklärt werden.
Dies vorausgesetzt, liessen die vorhandenen gesicherten Informationen trotzdem darauf schliessen, dass der Bevollmächtigte keine Beratung wünschte und selbständig sehr risikoreiche Anlagen tätigte. Seine Entscheidungsfreiheit wurde durch den abgeschlossenen Anlageberatungsvertrag selbstverständlich nicht eingeschränkt. Die Kundin musste daher die Folgen der Entscheide des Bevollmächtigten selbst tragen, welcher einschlägige dokumentierte Warnungen der Bank nicht beachtet hatte.
Im Hinblick auf den eventuellen Entscheid, die Auseinandersetzung gerichtlich weiterzuverfolgen, wies der Ombudsman den Bevollmächtigten zudem darauf hin, dass es der Kundin resp. ihm obliegen würde, die behaupteten Grundlagen für einen Schadenersatzanspruch nachzuweisen. Dabei würden die vorhandenen Dokumente erfahrungsgemäss eine wesentliche Rolle spielen. Die Position der Bank war in der Kundengeschichte, dem Zugriffsprotokoll des E-Bankings und den Anlagereporten gut dokumentiert. Sie war gestützt darauf auch zu keinem Entgegenkommen bereit. Der Ombudsman musste den Fall deshalb ohne Ergebnis für die Kundin abschliessen.