Marktpreis bei einer zwangsweisen Schliessung von Devisenpositionen
Der Kunde beschwerte sich bei der Bank über die seiner Ansicht nach nicht angemessenen Preise und hatte eine Liste mit Preisen zusammengestellt, welche 11 verschiedene Broker für die selben Währungspaare zum gleichen Zeitpunkt publiziert hatten. Diese wichen zwischen 670 und 850 PIPs (Percentage in points) zu seinen Ungunsten von denen ab, welche die Bank der Zwangsverwertung zugrunde gelegt hatte. Er bat die Bank offenzulegen, welche Preise sie für die Positionen bei ihren Liquiditätsgebern erhalten hatte. Zudem verlangte er die Wiederherstellung der Positionen oder eine Entschädigung für den von ihm erlittenen Schaden in der Höhe von knapp 5500 EUR.
Die Bank beschied ihm, zum fraglichen Zeitpunkt mit sehr eingeschränkter Marktliquidität habe nur noch einer ihrer Liquiditätsgeber für die zur Diskussion stehenden Währungspaare Preise gestellt, wenn auch mit substantiell erhöhten Spreads. Die Positionen des Kunden seien zu diesen Preisen, zuzüglich eines üblichen Markups, liquidiert worden. Dabei habe es sich um Marktpreise gehandelt. Da die Bank, wie im Forex-Geschäft üblich, die direkte Gegenpartei des Kunden gewesen sei und die Transaktionen auf der Basis des Kaufrechts abgewickelt worden seien, müsse sie die von ihrem Liquiditätsgeber erhaltenen Preise nicht offenlegen. Dies hätte sie nur dann tun müssen, wenn sie in den Transaktionen als Kommissärin gehandelt hätte. Sie habe jedoch mit ihrem Liquiditätsgeber aufgrund ihrer guten Kundenbeziehung nachträglich für die Kunden, welche im Zusammenhang mit dem «Flash Crash» besonders schlechte Preise erhielten, einen Rabatt aushandeln können. Deshalb sei sie in der Lage, dem Kunden im Umfang von rund 190 EUR entgegenzukommen. Dieser war mit dem Angebot nicht zufrieden und kontaktierte den Ombudsman. Er hielt an seinen Forderungen fest und vertrat die Ansicht, die Bank hätte den Handel einstellen müssen, als nur noch einer ihrer Liquiditätsgeber überhaupt Preise gestellt habe, welche jedoch derart weit von anderen auf dem Markt ersichtlichen Preisen abgewichen seien, und hätte diese schlechten Preise nicht berücksichtigen dürfen.
In ihrer Stellungnahme an den Ombudsman hielt die Bank an ihrer Position fest. Sie erklärte, im Forex-Handel bestehe kein zentraler Markt, an welchem für Währungspaare verbindliche Preise gebildet würden. Es handle sich bei den Forex-Transaktionen um bilaterale Geschäfte, in welchen die Bank gegenüber den Kunden als direkte Gegenpartei auftrete. Dies sei wichtig, um die zwischen ihr und den Kunden gegenseitig bestehenden Rechte und Pflichten zu verstehen, welche sie vorliegend in jeder Hinsicht erfüllt habe. Preisunterschiede zwischen einzelnen Anbietern seien normal. Die vom Kunden eingereichte Preisübersicht sei deshalb irrelevant. Zudem sei unklar, ob überhaupt Transaktionen zu diesen Preisen erfolgt seien. Der Kunde habe auf einen externen Algorithmus vertraut und sich dadurch, dass er viele kleine Positionen mit einer hohen Hebelwirkung eröffnet habe, den typischen Risiken des Forex-Geschäftes ausgesetzt, zu denen im «Flash Crash» versiegte Liquidität und plötzliche, hohe Preisschwankungen gehörten. Es wäre nicht angebracht gewesen, den Handel einzustellen, da dies nur bei wesentlich schwerwiegenderen Ereignissen, wie z. B. den Entscheiden der Schweizerischen Nationalbank vom Januar 2015 im Zusammenhang mit der EUR-Untergrenze, in Frage komme. Von einer Einstellung des Handels wären im Übrigen auch Kunden betroffen gewesen, welche mit ihren Positionen hätten Gewinne machen können. Sie betonte schliesslich, im schweizerischen Recht gebe es keine «Fair Price»-Theorie und sie sei aufgrund der anwendbaren vertraglichen Grundlagen nicht verpflichtet, für den Kunden den bestmöglichen Preis zu erzielen. Vielmehr sei sie in einer solchen Situation berechtigt, irgendeinen Preis zu akzeptieren, welcher von einem ihrer Liquiditätsgeber gestellt werde, denn dabei handle es sich immer um einen Marktpreis. Dies selbst dann, wenn nur einer der Liquiditätsgeber verbleibe, bei welchen es sich in der Regel um grosse, international tätige Banken handle. Sie wiederholte ihre Bereitschaft, dem Kunden 190 EUR zu vergüten, und hielt fest, dabei handle es sich um eine rein kommerzielle Geste, mit welcher die in der Zwangsverwertung erzielten Preise nicht nachträglich abgeändert würden.
Der Ombudsman muss als neutraler Mediator die Glaubwürdigkeit der Parteien respektieren. Eine detaillierte Abklärung der vorliegend umstrittenen Marktverhältnisse resp. der zum fraglichen Zeitpunkt für die zur Diskussion stehenden Währungspaare gehandelten Preise kann nicht Gegenstand des Ombudsverfahrens sein. Er vertritt jedoch die Ansicht, dass ein Kunde in dieser Situation Anspruch auf eine faire und willkürfreie Behandlung hat. Dabei ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass sich die Bank in einem Interessenkonflikt befindet und der Kunde bei einer Zwangsverwertung nicht mehr unter Preisen von verschiedenen Anbietern wählen kann. Das Kaufrecht, auf welches sich die Bank vorliegend berief, versteht unter dem Begriff des Marktpreises den Preis, welchen Marktteilnehmer für ein bestimmtes Gut an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt in regelmässigen Transaktionen bezahlen resp. erzielen. Ein Marktpreis kann in der Regel nicht genau festgelegt werden, sondern bewegt sich in einer Bandbreite. Wenn nur noch ein Liquiditätsgeber Preise offeriert, kann nach Ansicht des Ombudsman der Marktpreis nicht auf der Grundlage einer solchen Offerte alleine bestimmt werden, sondern es müssten die Angebote weiterer Teilnehmer in Betracht gezogen werden. Im Forex-Vertrag der Bank konnte der Ombudsman zudem keine Bestimmungen finden, welche das konkrete Vorgehen der Bank gerechtfertigt hätten. Da die Bank auch nach mehreren Briefwechseln zu keinem Entgegenkommen bereit war, musste der Ombudsman den Fall mit einem Bescheid an den Kunden abschliessen und ihn für den Fall, dass er seine Ansprüche weiterverfolgen wollte, an die ordentlichen Gerichte verweisen.