Langfristige Private-Equity-Anlage für betagten Kunden
Im Jahre 2005, im Alter von rund 80 Jahren, liess sich der Kunde von der Bank im Rahmen seiner regelmässigen Kontakte über neue Anlagen beraten. Die Bank habe ihm dabei laut seinem Anwalt – dieser wurde offenbar aufgrund einer Empfehlung des Sohnes des Kunden beigezogen – empfohlen, in ein Private-Equity-Produkt zu investieren. Der Kunde habe seinem Berater Vertrauen geschenkt und Anteile von rund 250 000 USD erworben. Im Jahr 2016 habe der Kunde die Bank beauftragt, seine Anteile zu verkaufen. Zu seiner grossen Überraschung habe die Bank darauf hingewiesen, dass die Anteile bis zum Verfall des Instruments im Jahr 2023 nicht verkauft werden könnten. Der Anwalt machte gegenüber der Bank geltend, diese Anlage sei nicht mit dem Risikoprofil des Kunden vereinbar gewesen. Sie eigne sich gemäss Anlageprospekt nur für erfahrene Kunden, welche über die entsprechenden finanziellen Mittel und einen hohen Risikoappetit verfügten, was für den Kunden nicht zutreffend gewesen sei. Zudem sei der Kunde nicht im Detail darüber informiert worden, dass es sich um eine dermassen langfristige Anlage gehandelt habe. Der vorliegende Anlagehorizont sei angesichts des Alters des Kunden auch grundsätzlich nicht zu verantworten gewesen. Sein Mandant habe diese Anlage des Weiteren nie ausdrücklich genehmigt. Er verlangte von der Bank, die Anteile zum Buchwert Ende 2016 (dieser lag unter dem Emissionspreis von 2005) zurückzunehmen. Da sich die Bank dazu nicht bereit erklärte, gelangte er an den Ombudsman.
Da die Beanstandungen des Anwalts aufgrund der direkten Antwort der Bank an den Kunden nicht abschliessend beurteilt werden konnten, ersuchte der Ombudsman die Bank um Stellungnahme. Die Bank hielt darin fest, die Kundenbeziehung bestehe seit den 90er-Jahren. Beim Kunden handle es sich um einen ehemaligen Vorsitzenden der Geschäftsleitung (CEO) eines Unternehmens. Er habe zweifelsfrei über grosse Erfahrungen in finanziellen Angelegenheiten und mit praktisch allen Anlageinstrumenten verfügt. Sein Vermögen bei der Bank habe zum Zeitpunkt der fraglichen Anlage mehr als 3 Mio. EUR betragen. Sein Risikoprofil sei aufgrund der seit Jahren getätigten Anlagen als eher «aggressiv» einzustufen. Er habe jeweils grosses Gewicht auf Instrumente mit bedeutenden Renditeaussichten gelegt, mit seinen Beratern seit Jahren einen aktiven und professionellen Dialog über renditeträchtige Investitionen geführt und sich dabei insbesondere auch für Private-Equity-Anlagen interessiert. Diese Aussagen seien dokumentiert. Von einer Nichtvereinbarkeit der fraglichen Anlage mit seinem Profil könne deshalb nicht die Rede sein. Das Argument, das fortgeschrittene Alter des Kunden sei mit dem langen Anlagehorizont nicht vereinbar, sei unhaltbar. Es gebe durchaus Kunden, welche sich auch im hohen Alter, je nach Situation für langfristige Anlagen des Familienvermögens entscheiden würden. Die speziellen Risiken dieser Anlage, u. a. die lange Laufzeit, seien im Angebotsprospekt (Offering Memorandum) ausdrücklich und detailliert beschrieben. Den Erhalt und die Kenntnisnahme dieses Dokuments habe der Kunde mit seiner Unterschrift bestätigt. Weiter führte die Bank an, es sei auch kein eigentlicher Schaden erkennbar, habe die Anlage doch inklusive erfolgter Ausschüttungen seit Zeichnung mit rund 7,4 % rentiert. Aus all diesen Gründen war die Bank nicht bereit, der Forderung des Anwalts zu entsprechen, und schloss ein Angebot zur gütlichen Einigung kategorisch aus.
Im vorliegenden Fall stellte sich für den Ombudsman die Frage, ob die Bank vor mehr als zehn Jahren die ihr als Anlageberaterin obliegenden Pflichten korrekt erfüllt hatte. Da er in solchen Fällen meistens mit unterschiedlichen Aussagen konfrontiert ist, kommt den ihm von den Parteien zur Verfügung gestellten Dokumenten oftmals entscheidende Bedeutung zu.
Der Ombudsman musste gegenüber dem Anwalt des Kunden vorab festhalten, dass der Vorwurf seines Klienten, die Anlage nicht ausdrücklich genehmigt zu haben, aufgrund der Unterlagen nicht haltbar war. Der Kunde wurde über den Abschluss selber und seither in regelmässigen Abständen mittels der vereinbarten Rechenschaftsablage (Belege, Konto- und Depotauszüge) von der Bank informiert. Er hätte also bei fehlendem Einverständnis nach dem Kauf zeitnah intervenieren müssen. Weiter war der Ombudsman der Meinung, dass die Aussagen und Argumente der Bank ausführlich und gut dokumentiert und auch durchaus nachvollziehbar waren. Diese konnten mit den Darstellungen des Anwalts des Kunden nicht überzeugend widerlegt werden. Der Ombudsman konnte angesichts der vom Kunden unterzeichneten Dokumente insbesondere die Behauptung des Anwalts nicht nachvollziehen, der ehemalige CEO sei über die Eigenheiten und Risiken nicht ausreichend informiert worden. Angesichts seines Vermögens war ohne Zweifel auch die grundsätzliche Risikofähigkeit für diese Anlage vorhanden. Seine Risikobereitschaft war durch sein übriges Anlageverhalten dokumentiert. Über alles gesehen konnte der Ombudsman kein haftungsbegründendes Fehlverhalten der Bank erkennen und informierte den Anwalt entsprechend.