Fristen für die Aufbewahrung und Lieferung von Bankunterlagen
Der Kunde verfügte über ein Konto bei der Bank. Vor rund 15 Jahren habe er zulasten dieses Kontos drei beträchtliche Zahlungen zugunsten des Kontos 3a seines Sohnes bei dessen Vorsorgestiftung getätigt. Alle drei Zahlungen seien korrekt ausgeführt worden, über Belege und Kontoauszüge von damals verfüge er leider nicht mehr. Im Rahmen eines Scheidungsverfahrens müsse der Sohn dem Gericht nun Unterlagen dazu liefern, ob diese Beträge im Zuge der güterrechtlichen Auseinandersetzung als Eigengut oder Errungenschaftsvermögen anzusehen seien. Da auch der Sohn über keine Unterlagen mehr verfügte, hat der Kunde seine Bank gebeten, ihm entsprechende Zahlungsnachweise zu liefern. Der Kundenbetreuer der Bank habe ohne weitere Begründung geantwortet, die Bank könne maximal zehn Jahre zurückliegende Dokumente finden. Der Kunde gelangte deshalb an den Ombudsman und fragte diesen, ob die Bank tatsächlich nicht in der Lage sei, die von ihm gewünschten rund 15-jährigen Dokumente zu beschaffen, und ob es dem Ombudsman möglich sei, die Bank zur Herausgabe dieser Belege anzuhalten. Der Ombudsman ist immer wieder mit ähnlichen Anfragen konfrontiert und informierte den Kunden wie folgt:
Wie alle buchführungspflichtigen Unternehmen müssen auch Banken Geschäftsakten, mithin Buchungsbelege und Geschäftskorrespondenz aufbewahren. Diese Aufbewahrungspflicht gilt nicht unbeschränkt, sondern ist auf die Dauer von zehn Jahren beschränkt (Artikel 958f des Schweizerischen Obligationenrechts). Unmittelbar nach Ablauf dieser Frist dürfen aufbewahrungspflichtige Akten von der Bank unwiederbringlich vernichtet werden. Ob bzw. wann und wie konsequent eine Bank von diesem Recht Gebrauch macht, ist eine Frage der Geschäftspolitik, wobei auch Kostenüberlegungen eine Rolle spielen dürften. Da Akten oft nicht mehr physisch, sondern auf Datenträgern (z. B. Mikrofilm, digitale Datenspeicher) aufbewahrt werden, kann es sein, dass Akten auch nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist zwar noch existieren, einzelne Dokumente aber nicht mehr gefunden oder wegen zwischenzeitlichen Systemwechseln in der EDV nicht mehr gelesen werden können.
Wie es sich vorliegend diesbezüglich bei der angefragten Bank verhielt, entzog sich der Kenntnis des Ombudsman. Die vom Bankbetreuer verwendete Formulierung liess die Möglichkeit offen, ob mehr als zehn Jahre zurückliegende Dokumente allenfalls noch vorhanden, von den Kundenberatern im System der Bank jedoch elektronisch nicht mehr abgerufen werden konnten. Falls dem so war, stellte sich die Frage, ob innerhalb der Bank eine andere Instanz bestand, welche 15-jährige Kontobelege physisch oder auf Datenträgern reproduzieren konnte. Der Ombudsman vermochte deshalb die Frage, ob die Bank tatsächlich nicht in der Lage sei, die Dokumente zu beschaffen, nicht verbindlich zu beantworten. Klar war jedoch, dass die Bank solche Dokumente heute nicht mehr aufbewahren müsste. Sind sie dennoch vorhanden, besteht keine Pflicht der Bank, sich so zu organisieren, dass sie sie systematisch lokalisieren kann.
Dies gesagt wies er darauf hin, dass Banken ihren Kunden gegenüber auch einer allgemeinen Treuepflicht unterstehen. Diese kann auch beinhalten, dass die Bank gehalten ist, besondere Anstrengungen zu unternehmen, nicht mehr aufbewahrungspflichtige Dokumente zu suchen und, falls noch auffindbar, dem Kunden nochmals zur Verfügung zu stellen. Eine solche Verpflichtung setzt aber nach Ansicht des Ombudsman voraus, dass der Kunde für sein Begehren ein wichtiges und schützenswertes Interesse darlegen kann und der Aufwand der Bank nicht als unverhältnismässig betrachtet werden muss. Ausserdem versteht sich, dass die Bank diesen Aufwand gegebenenfalls nur gegen umfassenden Ersatz der ihr erwachsenden Kosten zu leisten hat.
Vorliegend musste der Ombudsman festhalten, dass dem Begehren des Kunden an die Bank nicht ein eigenes finanzielles Interesse, sondern ein solches seines Sohnes zugrunde lag. Die Interessen des Sohnes brauchte die Bank aber mangels einer vertraglichen Verbindung wohl nicht zu wahren. Zudem erschien es dem Ombudsman fraglich, ob die Vorlage der vom Kunden gewünschten Belege zwingend erforderlich war, um den Beweis zu erbringen, dass die fraglichen Einzahlungen in die Säule 3a von ihm finanziert wurden. Ein schützenswertes wichtiges Interesse des Kunden konnte somit in Zweifel gezogen werden. Zusammenfassend schlug der Ombudsman dem Kunden vor, vorerst in Briefform nochmals an die Direktion der Bank zu gelangen, sein Bedürfnis zu begründen und die Bank aufzufordern, sich konkret und schriftlich dazu zu äussern, und auch anzufragen, welchen Betrag ihm die Bank für entsprechende Abklärungen und sonstigen Aufwand allenfalls in Rechnung stellen würde. Je nach Antwort könne er anschliessend wieder an den Ombudsman gelangen, es sei denn, die Bank mache geltend, die Dokumente seien vernichtet worden oder ohne unverhältnismässigen Aufwand nicht mehr lokalisierbar.
Der Kunde gelangte daraufhin an die Bank, welche ihm folglich alle drei Belege in verlangter Form liefern konnte. Er führte dies auf die ausführlichen Erklärungen des Ombudsman zurück, welche er der Bank zur Kenntnis gebracht habe. Das Anliegen des Kunden liess sich somit ohne Intervention des Ombudsman bei der Bank erfüllen.