Behaupteter Steuerschaden wegen einer falschen Produktebezeichnung
In ihrer Eingabe an den Ombudsman erklärte die Kundin, ihr Kundenberater habe beim Kauf des Edelmetalls versichert, dass dieses in physischer Form hinterlegt sei. Zudem habe die Bank in diversen Belegen und Auszügen immer wieder den Begriff «Depot» verwendet, welcher auf eine physische Hinterlage hindeute. Schliesslich habe sie der Kundin nach dem Verkauf des Edelmetalls für das Jahr 2015 einen Steuerauszug erstellt, welcher speziell auf ihren Wohnsitz in Deutschland zugeschnitten gewesen sei und den Edelmetallgewinn nicht enthielt. Damit sei sie in ihrem Eindruck bestärkt worden, das Edelmetall sei in physischer Form hinterlegt gewesen, und der Gewinn daraus unterliege nach deutschem Recht keiner Steuer. Nachdem bei ihr Zweifel über die Steuerpflicht aufgekommen seien, habe sie sich bei der Bank erkundigt. Weder sie noch ihr Steuerberater hätten in nützlicher Frist brauchbare Informationen erhalten, so dass sie einen Anwalt habe einschalten müssen, was ihr Kosten verursacht habe.
Die Kundin warf der Bank vor, diese habe für sie ein anderes Produkt erworben, als sie gewünscht hatte und dabei falsche Zusicherungen gemacht. Sie habe zudem durch ihre nachfolgende Dokumentation dazu beigetragen, dass dies nicht bemerkt werden konnte. Dies habe zu einer Steuerforderung und weiteren Folgekosten geführt, die nicht entstanden wären, wenn das Produkt die zugesicherten und durch die Dokumentation ausgewiesenen Eigenschaften gehabt hätte. Der Ombudsman entschied sich, an die Bank zu gelangen, und ersuchte sie, zu den Vorhaltungen der Kundin Stellung zu nehmen.
Die Bank bestritt, dass der Kundin je die Zusage gemacht worden sei, das Edelmetall sei in physischer Form hinterlegt. Die Kundin sei im Zusammenhang mit dem Erwerb des Edelmetalls in keiner Form beraten worden. Es sei aufgrund der Unterlagen klar, dass das Edelmetall in Kontoform verbucht gewesen sei und sie lediglich einen Lieferanspruch gehabt habe. Der Ausdruck «Depot» sei auf den Bankbelegen nur deshalb verwendet worden, weil das Kernsystem der Bank ursprünglich nicht in der Lage gewesen sei, ein Metallkonto als Konto abzubilden. Der für die Kundin erstellte Steuerausweis diene lediglich der Information und sage nichts über die effektive Steuerpflicht aus. Schliesslich könnten Steuerforderungen als höchstpersönliche Forderungen ohnehin nie einen ersatzfähigen Schaden im Rechtssinne darstellen. Sie anerkannte lediglich, dass sie die Auskunftsersuchen der Kundin etwas speditiver hätte beantworten können. Nach mehreren Briefwechseln war sie schliesslich bereit, der Kundin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht 30 000 CHF zu bezahlen. Dieser Betrag sollte in etwa die Zinsen decken, welche die Kundin aufgrund der verspäteten Steuermeldung tragen musste, weil die Verspätung dadurch mitverursacht wurde, dass der Gewinn im Steuerauszug der Bank nicht aufgeführt war.
Der Ombudsman unterbreitete der Kundin den Vergleichsvorschlag, weil eine weitergehende Lösung im Rahmen des Ombudsverfahrens, in welchem keine für die Parteien bindenden Entscheidungen getroffen werden können, unrealistisch war. Er war jedoch der Meinung, dass im vorliegenden Fall ein weitergehendes Entgegenkommen der Bank angemessen gewesen wäre.
Zwar wäre die Kundin nach Ansicht des Ombudsman für ihre Behauptung, der Kundenberater habe ihr beim Kauf des Edelmetalls verbindlich bestätigt, dieses sei in physischer Form hinterlegt, nachweispflichtig. Ein solcher Nachweis wäre nach so langer Zeit wohl kaum mehr möglich gewesen.
Die Belege und Auszüge, welche die Bank der Kundin hatte zukommen lassen, schienen dem Ombudsman jedoch tatsächlich unpräzis und widersprüchlich. In einem Teil der Bankbelege war regelmässig von einem Depot die Rede. So hiess es bei den Belastungsanzeigen aus dem Jahr 2008 anlässlich des Kaufs des Edelmetalls «unter Einbuchung in Ihr Depot». Weiter wurde für ein «Offenes Depot» eine «Depotgebühr» belastet, und im Vermögensauszug war ein «Offenes Depot Classic» erwähnt. Dass aufgrund dieser Dokumente der Eindruck entstehen konnte, das Edelmetall werde in einem Depot gehalten und an der damit verbundenen physischen Hinterlage bestehe ein (Mit-)Eigentumsanspruch, erschien dem Ombudsman soweit nachvollziehbar.
Die Bank hatte der Kundin auf der anderen Seite aber auch Dokumente abgegeben, in welchen der Begriff «Metallkonto» erwähnt war. Gemäss dem Dokument «Titeleingang» aus dem Jahr 2008 bestand ein «Lieferanspruch Metallkonto» auf eine bestimmte Standardmenge Edelmetall. Die Belastungsanzeigen auf dem Konto der Kundin lauteten: «Wir haben Ihnen belastet für» «Unzen [Edelmetall X] Lieferanspruch» (angekreuzte Auswahl). Daneben wäre es auf diesen Formularen auch möglich gewesen anzukreuzen «[Edelmetall Y] auf Edelmetallkonto» oder «[Edelmetall Z] auf Edelmetallkonto». Im Kundenreporting aus dem Jahr 2009 war ebenfalls der Begriff «Lieferanspruch» erwähnt. Im Depotauszug vom 31. Dezember 2008 und im Vermögensauszug per 31. Dezember 2014 erscheint der Begriff «Metallkonto».
Die an sich klaren Bezeichnungen «Depot» und «Metallkonto» wurden offensichtlich vermischt. Es war der Kundin nach Ansicht des Ombudsman nicht anzulasten, dass der Grund dafür im Kernsystem der Bank lag. Der Ausdruck «Lieferanspruch» deutete nach Ansicht des Ombudsman für einen Laien nicht eindeutig auf ein Metallkonto hin, wie dies die Bank behauptete. Auch bei in physischer Form gehaltenem Edelmetall, an welchem ein (Mit-)Eigentum des Kunden besteht, gibt es einen Anspruch auf (Aus-)Lieferung. Im Weiteren erschien es dem Ombudsman erstaunlich, dass die Bank nach Rückfrage der Kundin nicht in der Lage war, ihre diesbezüglichen Fragen in vernünftiger Zeit zu klären.
Zudem konnte der Ombudsman der Ansicht der Bank nicht folgen, der Steuerauszug diene lediglich Informationszwecken und für Fehler der Bank bestehe grundsätzlich keine Haftung. Gemäss dem Begleitbrief der Bank zu diesem Dokument enthielt dieses unter anderem die Aufstellung der Gewinne und Verluste aus privaten Veräusserungsgeschäften. Eine solche Dienstleistung, welche auf das Steuerrecht am Wohnsitz der Kundin ausgerichtet war, muss präzise erfolgen. Dass im Steuerreport für das Jahr 2015 mit dem Titel «Steuerreporting Deutschland» die steuerbare Position fälschlicherweise nicht erwähnt war, wurde von der Bank nicht bestritten. Dies hatte zwar nicht zur Entstehung des gesamten Steuerschadens beigetragen, aber dazu geführt, dass die Anmeldung des Gewinnes beim Steueramt verspätet erfolgte, was die Steuerhinterziehung begründet und Strafzinsen verursacht hatte und von der Kundin nachvollziehbar dokumentiert wurde. Das Argument, sie hätte den Gewinn dem Steueramt früher zur Kenntnis gebracht, wenn sie ein korrektes Steuerreporting erhalten hätte, womit zusätzliche Zinsen von knapp 30 000 EUR (in der Steuerfestsetzung als «Zinsen zur Kapitalertragssteuer» bezeichnet) nicht angefallen wären, war nach Ansicht des Ombudsman nicht von der Hand zu weisen.
Schliesslich teilte er die Ansicht der Bank nicht, eine Steuerforderung könne in keinem Fall einen ersatzpflichtigen Schaden darstellen. Vom Grundsatz her sind Steuerforderungen zwar persönliche und nicht ersatzfähige Verpflichtungen. Dieser Grundsatz kommt dann zum Tragen, wenn zwischen dem Fehlverhalten der Bank und der Steuerforderung kein Kausalzusammenhang besteht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Kunde aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse eine Steuerpflicht hat, die Steuerbehörde aber nur wegen einer Indiskretion der Bank vom Sachverhalt erfährt. Das Verhalten der Bank in einem solchen Fall führt nur dazu, dass die Steuerforderung aufgedeckt wird. Die Forderung bestand bereits, konnte aber mangels Kenntnis vom Staat nicht geltend gemacht werden. In derartigen Fällen wurde eine Haftung der Bank verneint.
Grundsätzlich vertritt der Ombudsman aber die Meinung, dass auch bei Vermögensminderungen, die durch Steuerverpflichtungen und damit zusammenhängende Kosten bedingt sind, die allgemeinen Prinzipien des Schadenersatzrechtes gelten. Gemäss diesen besteht eine Pflicht zur Leistung von Schadenersatz dann, wenn eine Vertragsverletzung bei der anderen Partei in adäquat kausaler Weise eine unfreiwillige Vermögensverminderung herbeiführt. Ein sorgfaltswidriges Verhalten einer Bank kann daher, wenn es zu Steuerfolgen führt, welche ansonsten nicht eingetreten wären, nach Ansicht des Ombudsman auf der zivilrechtlichen Seite durchaus zu einer Haftung führen.
Ob diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt waren, konnte im Ombudsverfahren unter anderem deswegen nicht geklärt werden, weil wesentliche Sachverhaltselemente umstritten waren. Der Fall enthielt einige Unklarheiten und beide Parteien hatten valable Argumente für ihre Positionen. Es wäre sicher sinnvoll gewesen, diese Auseinandersetzung vergleichsweise zu regeln. Der Ombudsman hatte allerdings Verständnis dafür, dass die Kundin auf der von der Bank offerierten Grundlage einer Beilegung der Streitigkeit nicht zustimmte.