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Bankenombudsman: Weniger aber komplexere Fälle

Anlässlich der Jahresmedienkonferenz hat der Schweizerische Bankenombudsman heute Morgen in Zürich über das Geschäftsjahr 2005 informiert. Insgesamt wurden mit 1’495 Kundenanfragen rund 14% weniger Fälle als im Vorjahr (1’735) behandelt. Bei 35% der schriftlich behandelten Fälle nahm der Bankenombudsman Rücksprache bei der Bank. Mehr als die Hälfte dieser Interventionen führten zu einer Korrektur durch die Bank.

Die Anlaufstelle für die Suche nachrichtenloser Vermögenswerte verzeichnete mit 387 anerkannten Auskunftsbegehren im Berichtsjahr ebenfalls einen leichten Rückgang. In 22 Fällen konnte das Vorhandensein von Guthaben bestätigt und den Berechtigten Werte von mehr als CHF 1 Mio. sowie drei Schliessfächer zugänglich gemacht werden.

Mit 1’495 Kundenanfragen wurden beim Bankenombudsman im vergangenen Berichtsjahr 240 Fälle weniger als im Vorjahr (1’735) behandelt, was einem Rückgang von rund 14% entspricht. Von 782 (Vorjahr: 954) schriftlich eingereichten und bearbeiteten Fällen konnten 711 (877) abgeschlossen werden. 71 (77) blieben über das Jahresende hinaus pendent. Zur erneuten Abnahme der Fälle beigetragen haben die anhaltende Erholung der internationalen Finanzmärkte, die damit verbundenen ansteigenden Aktienkurse sowie das im historischen Vergleich tiefe Zinsniveau. Bankenombudsman Hanspeter Häni an der heutigen Jahresmedienkonferenz: „In Phasen anhaltender Wertsteigerungen besteht für Kunden in der Regel weniger Anlass, die Beratungstätigkeit der Banken mit Argusaugen zu beobachten und zu hinterfragen. Dass sich ein solcher Trend bei gegenläufigen Marktbedingungen jedoch auch wieder schlagartig ändern kann, wissen wir aus früheren Jahren.“

Feststellbar ist hingegen ein Trend hin zu komplexeren und damit arbeitsintensiveren Fällen. Seit Beginn der Tätigkeit der Ombudsstelle hat der Aufwand zur Bearbeitung eines Falles aufgrund der steigenden Komplexität und Vielschichtigkeit einzelner Bankdienstleistungen tendenziell zugenommen. Diese steigende Komplexität der Bankprodukte stellt jedoch auch höhere Anforderungen an die Banken und die Kunden.

Der stellvertretende Bankenombudsman Martin Tschan: „Das Bankpersonal muss den Kunden vollständig und korrekt beraten und ihn wo nötig auch auf unangenehme Konsequenzen hinweisen.“ Aber auch der Kunde müsse sich mit möglichen Problemfeldern auseinandersetzen sowie die ihm übertragenen Verträge studieren und verstehen. „Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass es die Kunden gar nicht interessiert, was im Problemfall vertraglich gelten soll“, erläutert Martin Tschan. Der Ombudsman rät deshalb, die Verträge nicht nur aufmerksam zu lesen, sondern bei Unklarheiten beim zuständigen Kundenberater auch nachzufragen.

Zunahme der ausländischen Anfragen

Im Berichtsjahr gingen mit 37% erneut mehr Klagen aus dem Ausland ein als im Vorjahr (32%). Der Anteil Beschwerden aus der Deutschschweiz ist hingegen leicht von 50% auf 47% gesunken. Der Anteil Anfragen aus der italienischen Schweiz ist gemessen am Bevölkerungsanteil bei hohen 5% geblieben. Die Anfragen aus der Romandie gingen von 13% auf 11% zurück. Der Anteil Geschäftskunden ist mit 8% konstant geblieben. Unter Geschäftskunden werden juristische Personen verstanden, Personengesellschaften und Einzelfirmen eingeschlossen. Auch der Anteil Kunden, die sich durch eine Drittperson, häufig einen Anwalt, vertreten lassen, hat leicht von 28% auf 27% abgenommen.

Bei der Aufteilung der Fälle nach Sachgebieten waren in der vergangenen Berichtsperiode keine grossen Veränderungen feststellbar. Von 20% auf 24% zugenommen hat der Anteil der Anfragen aus dem Bereich Zahlungsverkehr und Karten, wobei vor allem ein Anstieg von Missbräuchen mit Bank- und Kreditkarten feststellbar war. Ombudsman Hanspeter Häni: „Viele Kunden sind im Umgang mit Karten zu nachlässig.“ Indessen ist der Anteil der Anliegen aus dem Bereich Anlageberatung und Vermögensverwaltung von 24% im Vorjahr auf 20% zurückgegangen. Im 2003 hatte der entsprechende Anteil noch 35% betragen. Hanspeter Häni: „Die Zahlen legen den Schluss nahe, dass die Auswirkungen der letzten Börsenkrise nun endgültig überwunden sind.“

Rund 65% aller schriftlich behandelten und im Berichtsjahr abgeschlossenen Fälle konnte der Bankenombudsman ohne Rückfrage bei der Bank erledigen. Bei 35% (Vorjahr: 42%) bestand jedoch Anlass, bei der Bank eine Stellungnahme einzuholen. Etwas mehr als die Hälfte dieser Interventionen erwies sich insofern als gerechtfertigt, als die betroffene Bank schliesslich aufgefordert wurde, den Kunden ganz oder teilweise zu entschädigen. In den meisten dieser Fälle kommen die Banken dem Begehren des Ombudsman vorbehaltlos nach. Hanspeter Häni: „Vermitteln heisst, den Kunden und die Bank von einer Lösung zu überzeugen. Dies ist nicht immer einfach, und es gibt natürlich auch Fälle, wo wir erfolglos bleiben.“ In seltenen Fällen, wo die Bank trotz begründeter Aufforderung nicht zu einem Einlenken bereit ist, wird der Kunde auf den Rechtsweg verwiesen. Der Rechtsweg steht dem Kunden natürlich auch offen, wenn er den Bescheid des Ombudsman nicht akzeptieren will.

Bei mehr als 80% der Fälle, bei denen es um konkrete Schadenersatzforderungen ging, wurde um substanzielle Summen (mehr als CHF 10’000.-) gestritten. Hingegen wurden dem Ombudsman mit 2% im vergangenen Jahr nur wenige Bagatellfälle (Streitbeträge von unter CHF 100.- ) unterbreitet. Der Anteil der Fälle mit einem Streitwert von über CHF 1 Million ist im Berichtsjahr von 4% auf 7% angestiegen.

Nachrichtenlose Vermögenswerte

Die vom Bankenombudsman geführte Anlaufstelle für die Suche nachrichtenloser Vermögenswerte versandte im Berichtsjahr auf Anfrage 591 (Vorjahr 562) Fragebogen. 403 (411) ausgefüllte Fragebogen wurden an die Anlaufstelle retourniert. Insgesamt wurden in der Berichtsperiode 387 (411) Fragebogen als für eine Suche ausreichend legitimiert eingestuft. Anhand dieser Fragebogen wurden 440 (498) Namen in die Datenbank eingegeben. Die vom System ermittelten Übereinstimmungen beurteilte die Anlaufstelle in 90 (68) Fällen als plausibel, und die Dossiers wurden den meldenden Banken zugestellt. Diese bestätigten in 22 (26) Fällen das Vorhandensein von Guthaben. Auf diese Weise konnten den Berechtigten Werte von insgesamt über CHF 1,0 Million sowie drei Schliessfächer zugänglich gemacht werden.

Medienmitteilung 04.07.2006 (78 KB)