Abänderung der Vertragsbedingungen während der Laufzeit einer Festhypothek
Im Berichtsjahr beschäftigten den Ombudsman wiederum regelmässig Beschwerden über Vorfälligkeitsentschädigungen, bei welchen Banken negative Wiederanlagesätze berücksichtigt hatten und den Kunden höhere Beträge in Rechnung stellten, als fällig geworden wären, wenn die Festhypotheken ordentlich ausgelaufen wären. Seit dem Bestehen des hartnäckigen Negativzinsumfeldes im Schweizer Franken haben sich zwei Gruppen von Banken herausgebildet. Die gemäss Wahrnehmung des Ombudsman grössere Gruppe beschränkt die Wiederanlagesätze bei minimal 0 % und verlangt von den Kunden bei der vorzeitigen Rückzahlung einer Festhypothek im Maximum die Zinsen, welche für die Restlaufzeit vereinbart waren. Eine kleinere Gruppe verlangt zusätzlich zu den vereinbarten Zinsen eine Entschädigung in der Höhe des Betrages, der bei einer Wiederanlage des vorzeitig zurückbezahlten Kapitals auf dem Geld- und Kapitalmarkt zu den für die Restlaufzeit geltenden negativen Wiederanlagesätze zu bezahlen wäre. Mittlerweile liegen Gerichtsurteile vor, welche zum Schluss kamen, dass diese Praxis aufgrund der Interpretation der in den beurteilten Fällen anwendbaren Vertragsbestimmungen nicht zulässig war. Einige der Banken der zweiten Gruppe haben zwischenzeitlich ihre Verträge dahingehend präzisiert, dass sie den Kunden allfällige negative Wiederanlagesätze zusätzlich in Rechnung stellen dürfen.
Im vorliegenden Fall stellten sich zwei Hauptprobleme. Einerseits gingen die Meinungen zwischen der Kundin und der Bank auseinander, welche Version der Allgemeinen Kreditbedingungen und somit welche konkrete Formulierung für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung anwendbar war. Die Kundin war der Ansicht, dass diejenige Version massgebend war, welche zum Zeitpunkt des Abschlusses ihrer Festhypothek und der Unterzeichnung der dafür relevanten Verträge im Jahr 2013 Geltung hatte. Die Bank hatte diese im Jahr 2017 und somit während der Laufzeit der im Jahr 2013 abgeschlossenen Festhypothek ersetzt. Die neue Version wies explizit darauf hin, dass die Wiederanlagesätze in einem Negativzinsumfeld negativ sein können. Andererseits stellte sich die Frage, wie die auf den Fall anwendbare Bestimmung zu interpretieren war.
Die Bank stellte sich auf den Standpunkt, dass sie sich in der ursprünglichen Version von 2013 das Recht ausbedungen hatte, die Kreditbedingungen jederzeit anzupassen. Die neuen Bedingungen seien von der Kundin unwidersprochen geblieben. Zudem habe die neue Version nur verdeutlicht, was bereits gemäss den 2013 geltenden Kreditbedingungen massgebend gewesen sei, nämlich dass die Wiederanlagesätze auf dem Geld- und Kapitalmarkt für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung herangezogen werden und somit im Falle von negativen Marktsätzen eben negative Zinsen resultieren. Schliesslich vertrat die Bank die Ansicht, die Kundin habe sich ohne ihr Zutun 2019 entschlossen, die Festhypothek vorzeitig zurückzuzahlen. Es sei somit klar, dass die zum Zeitpunkt der Rückzahlung gültigen Allgemeinen Kreditbedingungen anwendbar seien.
Nach Ansicht des Ombudsman war es unhaltbar, dass die Bank gestützt auf den Vorbehalt, die Kreditbedingungen jederzeit anpassen zu dürfen, diese während der Dauer der Festhypothek mit Wirkung für dieselbe änderte. Die Wirkung einer solchen Anpassung musste deshalb aufgeschoben werden, bis die bestehende Festhypothek abgelaufen war und konnte erst auf eine allfällige Verlängerung oder Erneuerung angewendet werden. Da die Kundin während der Dauer ihrer Festhypothek keine solchen Vertragsänderungen erwarten musste, erachtete der Ombudsman die Voraussetzungen für eine stillschweigende Zustimmung zu diesen Änderungen vorliegend als nicht gegeben. Er war deshalb der Meinung, dass die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Festhypothek für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung anwendbaren Bestimmungen für den Fall massgebend waren. Für die Auslegung dieser Bestimmungen war nach Ansicht des Ombudsman das Verständnis der Kundin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses massgebend. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das Obergericht des Kantons Zürich wenige Wochen nach dem Verfassen des Schlussberichts für den vorliegenden Fall einen der Entscheide, auf welche sich die Kundin bezog, bestätigte und in der Urteilsbegründung in Bezug auf den für die Auslegung massgebenden Zeitpunkt die gleiche Meinung wie der Ombudsman vertrat.
In Bezug auf die Interpretation der Bestimmung über die Vorfälligkeitsentschädigung, welche in der zur Zeit des Abschlusses der Festhypothek geltenden Version der Allgemeinen Kreditbedingungen enthalten war, gingen die Meinungen zwischen der Bank und der Kundin ebenfalls auseinander. Die Kundin erachtete die Vertragsbestimmung mit derjenigen, welche das Bezirksgericht Zürich beurteilt hatte, als praktisch identisch und folgte daraus, dass die Bank maximal die für die Restlaufzeit der Festhypothek vereinbarten Zinsen als Vorfälligkeitsentschädigung verlangen könne. Die Bank erachtete das von einem erstinstanzlichen ausserkantonalen Gericht gefällte Urteil als nicht massgebend. Tatsächlich war der Wortlaut der Vertragsbestimmung, welche dem Urteil zugrunde lag, und derjenigen, welche gemäss Ansicht der Kundin in ihrem Fall massgebend war, nicht identisch. Der Ombudsman war jedoch der Meinung, dass ein Gericht, welches die für den Fall seiner Ansicht nach massgebenden Bestimmung beurteilen würde, mit hoher Wahrscheinlichkeit zum gleichen Schluss käme wie das Bezirksgericht Zürich, und die Anwendung eines negativen Wiederanlagesatzes als unzulässig erachten würde. Er schlug der Bank deshalb eine vergleichsweise Regelung des Falles vor. Da diese ein Entgegenkommen kategorisch ablehnte, musste er die Kundin an die ordentlichen Gerichte verweisen, welche eine solche Auseinandersetzung mit einem für beide Parteien bindenden Entscheid lösen können, und das Vermittlungsverfahren zu seinem grossen Bedauern erfolglos einstellen.